Vorwort in der neuen SLLV-Zeitschrift „Lehrer und Schule heute“ von Elke Boudier
Gemeinschaftsschule – quo vadis?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wenn Sie dieses Vorwort lesen, sind Sie hoffentlich bereits gut in das Jahr 2022 gestartet. Wir alle wissen, dass auch dieses Jahr wieder sehr fordernd sein wird, geben aber nie die Hoffnung auf positive Wendungen auf. Im März 2022 finden die Landtagswahlen im Saarland statt. Wie Sie bereits in unserer letzten Verbandszeitschrift (12/2021) lesen konnten, hat der SLLV wie gewohnt Wahlprüfsteine aufgestellt und den Parteien zugeschickt. Sie wurden gebeten, uns bis zum 31. Januar 2022 ihre Stellungnahme zuzuschicken. Wir alle wissen, dass der Bildungsbereich per se vielfältigen Nachholbedarf hat. Davon abgesehen stellte sich im vergangenen Jahr immer wieder die Frage, ob es eine Rückkehr zu G9 an den Gymnasien geben wird. Sie wurde nicht nur von Lehrervertretungen aufgeworfen, sondern auch von Elternvertretungen und einzelnen Parteien. So interessiert den SLLV besonders, was vonseiten der Politik unternommen wird, um die Akzeptanz der Gemeinschaftsschule gegenüber dem Gymnasium zu erhöhen. Im Herbst 2021 trafen sich engagierte Kolleginnen und Kollegen der einzelnen Kreisverbände aus dem Gemeinschaftsschulbereich, um über die Stärken dieser Schulform und Verbesserungsmöglichkeiten zu diskutieren. Dies war ein sehr konstruktiver Austausch, für den ich mich noch einmal bei allen Beteiligten bedanken möchte. Je mehr Lehrkräfte sich treffen, umso vielfältiger und differenzierter sind die Rückmeldungen.
Die Gemeinschaftsschule hat ein Imageproblem, das unter anderem auch damit zusammenhängt, dass viele Eltern immer noch denken: Mein Kind soll es erst einmal am Gymnasium probieren, zur Not kann es später wechseln. Dabei hat die Gemeinschaftsschule eindeutige Stärken! Sie garantiert mehr Bildungsgerechtigkeit. Nirgendwo gibt es eine längere Durchlässigkeit zwischen den unterschiedlichen Anspruchsniveaus. Dies ermöglicht oftmals einen höheren Bildungsabschluss als prognostiziert. Gemeinschaftsschulen stehen für mehr soziales Miteinander. Um möglichst gute Lernerfolge bezüglich kognitiven und sozialen Lernens zu erreichen, nutzen sie verstärkt Assistenzsysteme: Schulsozialarbeit, sonderpädagogische Förderung, Hilfen zur Integration von Migrantenkindern u. a.
Diese Schulform bietet auch eine frühzeitige und praxisbezogene Berufsorientierung.
Um derart breit aufgestellt zu sein, braucht die Gemeinschaftsschule aber mehr Unterstützung, seien es zum Beispiel kleinere Klassen und Kurse oder mehr pädagogische Assistenzsysteme. Generell braucht es mehr Personal für individuelle Förderprogramme: Förderkurse für lernschwache Schülerinnen und Schüler, aber auch Förderkurse für die leistungsstärkeren! Hier darf sich die Politik nicht länger hinter Floskeln wie den fehlenden Finanzmitteln verstecken. Ausgaben in Bildung sind gut angelegtes Geld.
Liebe Politiker, lasst Taten sprechen!
Mit kollegialen Grüßen
Elke Boudier