Eingabe an Christine Streichert-Clivot, Ministerin für Bildung und Kultur, bezüglich Binnendifferenzierung in der Gemeinschaftsschule
Saarlouis, den 06.10.2020
Sehr geehrte Frau Streichert-Clivot,
ich schreibe Ihnen nach eingehender Beratung mit dem Landesvorstand in meiner Funktion als stellvertretende Landesvorsitzende des SLLV und Referentin für Gemeinschaftsschule.
Am 30.06.2020 wurde der Rahmenplan zum Wiedereinstieg in den regulären Schulbetrieb unter Pandemie-Bedingungen an saarländischen Schulen ab dem Schuljahr 2020/21 veröffentlicht.
Die Kolleginnen und Kollegen verstehen, „dass weiterhin darauf zu achten ist, dass mögliche Infektionswege nachvollziehbar bleiben. Daher soll der Unterricht in festen Gruppen stattfinden, wobei sich eine Jahrgangsstufe als feste Gruppe definiert…, …. um einen höheren Durchmischungsgrad weiterhin zu vermeiden“ (Rahmenplan siehe S.4).
Weiterhin heißt es, „Alle Schüler*innen der Gemeinschaftsschule müssen ab Klassenstufe 7… den unterschiedlichen Anspruchsebenen zugewiesen werden. Die äußere Fachleistungsdifferenzierung wird im Rahmen des Klassenverbandes umgesetzt, ….“
Diese Vorgabe widerspricht dem Musterhygieneplan, der die komplette Jahrgangsstufe und nicht die einzelne Klasse als Einheit sieht. Hinzu kommt, dass Schülerinnen und Schüler in Fächern wie Religion/Ethik und Arbeitslehre in anderen Gruppen als im Klassenverband unterrichtet werden. Gleiches kann auch in den Hauptfächern umgesetzt werden. Dieses wird jedoch im Rahmenplan zum Wiedereinstieg den Schulen untersagt.
Aus diesen Gründen ist es uns unverständlich, mit welchem Ziel der Rahmenplan sich gegen das Schulmitbestimmungsgesetz §47 (1) und gegen das Schulordnungsgesetz §3a Absatz 2 richtet. In Satz 6 heißt es: „Über Beginn und Umfang der äußeren Fachleistungsdifferenzierung ab der Klassenstufe 7 entscheidet die Schulkonferenz auf Vorschlag der Gesamtkonferenz im Rahmen ihres pädagogischen Konzepts und den personellen und sächlichen Gegebenheiten auf der Grundlage der geltenden schulrechtlichen Regelungen.“
Pandemiebedingt können mitbestimmungspflichtige Beschlüsse nicht gänzlich ausgehebelt werden. Dies ist jedoch auf Grundlage des Rahmenplanes zum Wiedereinstieg in vielen Schulen geschehen.
Frau Ministerin, wir fordern Sie auf, den Rahmenplan dahingehend zu ändern, dass er nicht im Widerspruch zu gültigen Gesetzen steht. So kann jede Schule auf Grundlage ihrer Konferenzbeschlüsse auch in Fächern wie Deutsch, Mathematik und erster Fremdsprache äußere Fachleistungsdifferenzierung anbieten.
Die Lehrerinnen und Lehrer an Gemeinschaftsschulen haben in den letzten Jahren große Verdienste im Hinblick auf die Bildungsgerechtigkeit erworben. Nicht zuletzt durch ihr Engagement hat es eine Vielzahl von Schülerinnen geschafft einen höheren Bildungsabschluss zu erreichen, als ihnen nach Ende der Grundschulzeit vorhergesagt wurde. Dies ist auch der Durchlässigkeit des Systems geschuldet, denn die Schülerinnen und Schüler können halbjährlich nach ihrer Leistungsfähigkeit umgestuft werden.
Hierzu ist es unerlässlich, alle Gemeinschaftsschulen mit den notwendigen Lehrerstunden auszustatten, damit sie ihr Profil weiterhin verwirklichen können.
Mit freundlichen Grüßen
Elke Boudier
(stellvertretende Landesvorsitzende des SLLV und Referentin für Gemeinschaftsschule)