Vorwort von Michaela Günther, Stellvertretende Vorsitzende des SLLV, in der neuen SLLV-Zeitschrift „Lehrer und Schule heute“:
Schulstart ins Ungewisse
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
während dieses Vorwort geschrieben wird, befinden wir
uns am Ende der Sommerferien. Man möchte so gerne mit
neuer Energie und Schwung in das neue Schuljahr starten,
so wie wir es von früher kennen. Und sehr gerne würde ich
hier über ein anderes Thema schreiben. Doch leider beglei-
ten uns weiterhin Sorgen um die Entwicklung der Corona-
pandemie. Die Kultusministerkonferenz (KMK) ist über-
zeugt, dass es im neuen Schuljahr trotz der andauernden
Corona-Pandemie nicht mehr zu flächendeckenden Schul-
schließungen kommt. Niemand von uns Lehrkräften
wünscht sich das, denn alle waren froh, als vor den Som-
merferien wieder Unterricht in Präsenzform stattfinden
konnte. Aber es gilt nach wie vor: Der Gesundheitsschutz
geht vor! Es werden weiterhin Maßnahmen notwendig sein,
um einen möglichst großen Infektionsschutz zu gewähr-
leisten. Zum aktuellen Zeitpunkt, zwei Wochen vor dem
Schulstart, ist uns nicht bekannt, wie diese aussehen wer-
den. Wir halten folgende Maßnahmen für erforderlich:
Maskenpflicht: Sowohl für Schülerinnen und Schüler als
auch für Lehrkräfte ist das Tragen der Mund-Nasen-
Bedeckung unangenehm, aber sie bietet einen gewis-
sen Schutz in Klassenräumen mit bis zu 30 Personen.
Eine Begrenzung des Tragens auf die ersten beiden
Wochen greift viel zu kurz.
Testungen: Ebenso dürfen die regelmäßigen Tests in
Schulen nicht nur auf die ersten beiden Schulwochen
begrenzt werden. Es geht ja nicht nur um die Kontrolle
der Infektionseinschleppung durch Reiserückkehrer, son-
dern auch generell um die Eindämmung der vierten
Welle, die erst im Herbst ihren Höhepunkt erreichen wird.
Die Qualität der Tests muss gesteigert werden, indem
möglichst PCR-Testungen durchgeführt werden, wie es in
einigen anderen Bundesländern gemacht wird. Die bisher
eingesetzten Antigen-Schnelltests erweisen sich nach
Ansicht vieler Experten als zu unzuverlässig.
Lüften der Klassenräume: Im Herbst und Winter wer-
den wir sehr wahrscheinlich die gleiche Situation erle-
ben wie im letzten Jahr: frierende Schülerinnen und
Schüler, schlotternde Kolleginnen und Kollegen, weil
regelmäßig gelüftet werden muss. Um die Lüftungsge-
räte gibt es viele Diskussionen. Wir können nicht beur-
teilen, ob sie wirklich helfen oder nicht, aber wir erwar-
ten von der Politik Lösungen, die uns in den
Klassenräumen weiterhelfen. In unserem Technologie-
land sollte für die Verantwortlichen die Entwicklung
von Lösungen ganz oben auf der Agenda stehen, aber
man hat nicht den Eindruck, dass sich hier etwas tut.
Wir werden also weiterhin in der kalten Luft sitzen
gelassen.
Impfungen: Glücklicherweise konn-
ten die meisten Lehrkräfte geimpft
werden. Einen vollständigen Schutz
kann eine Impfung leider nicht bie-
ten, zumal es bei der Delta-Variante
auch zu Impfdurchbrüchen kommen
kann. Um die Impfung von Kindern
und Jugendlichen gibt es viele Debat-
ten. Es ist nicht die Aufgabe eines
Lehrerverbandes, hier Forderungen
aufzustellen, aber wir möchten dar-
auf hinweisen, dass es auch nicht
Aufgabe von Schulen sein kann, Imp-
fungen zu organisieren. Es gibt Über-
legungen, dass Impfungen von Schü-
lerinnen und Schülern in Schulen angeboten werden
sollen. In einigen anderen Bundesländern werden solche
Pläne schon umgesetzt. Wir lehnen es ab, dass Schullei-
tungen und Lehrkräfte an der Planung und Organisation
von Impfungen beteiligt werden.
Schulschließungen: In den letzten anderthalb Jahren
haben wir Schulschließungen erleben müssen, was für
alle Beteiligte äußerst schwierig war. Aber durch das
Infektionsgeschehen waren sie notwendig. Eine zent-
rale Frage hierbei war und ist, welche Rolle Schulen im
Infektionsgeschehen spielen. Die Kultusministerkonfe-
renz hatte zu Beginn des zweiten Lockdowns Ende 2020
eine Studie in Auftrag gegeben. Erste Ergebnisse lagen
bereits nach wenigen Wochen vor – wurden aber nie
veröffentlicht, mit dem Verweis, es handele sich nur um
Zwischenergebnisse. Schließlich hat die KMK die
Berichte von Januar 2021 und März 2021 doch veröffent-
licht. Darin kommen die Expertinnen und Experten der
Universität Köln und des Helmholtz-Zentrums für
Infektionsforschung zu dem Schluss, „dass Schulschlie-
ßungen effektive Instrumente zur Eindämmung der
Epidemie sind, allerdings nicht als Einzelmaßnahme“.
Wir hoffen sehr, dass es nicht zu weiteren Schulschlie-
ßungen kommen wird, aber angesichts der Pandemie-
entwicklung sollte die KMK mit Versprechungen
zurückhaltender sein. Die Enttäuschungen und den
Ärger der Eltern müssen nämlich die Schulleitungen
und Lehrkräfte aushalten.
Es wird ein herausfordernder Schulstart in das Schuljahr
2021–22 werden und es wird wieder kein leichtes Schul-
jahr werden.
Viel Kraft und Durchhaltevermögen wünscht
Ihnen
mit kollegialen Grüßen
Michaela Günther
Michaela Günther,
stellvertretende
Landesvorsitzende
© MB Photo
Ihnen
mit kollegialen Grüßen
Michaela Günther
Michaela Günther,
stellvertretende
Landesvorsitzende
© MB Photo