Amtsangemessene Alimentation im Saarland
Amtsangemessene Alimentation im Saarland • Antrag auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation für das Haushaltsjahr 2019
Der fehlgeleitete Wettbewerbsföderalismus seit 2006 hat insbesondere im Haushaltsnotlageland Saarland dazu geführt, dass die Tarifergebnisse für die Tarifbeschäftigten nur zeitverzögert, teilweise oder gar nicht (Nullrunde 2011) übertragen wurden. Hinzu kommt der dem Abstandsgebot zuwiderlaufende zeitliche Versetz in höheren Besoldungsgruppen und die Beibehaltung der Kostendämpfungspauschale in der Beihilfe. Diese Sparmaßnahmen seit 2011 haben dazu geführt, dass das Saarland im Besoldungsranking (Jahresgehalt) von Bund und Ländern zum Schlusslicht degradiert wurde. Mit dem vom dbb saar in der Einkommensrunde 2019 am 16. April 2019 erreichten Gesamtvolumen von 8,1 Prozent in der Besoldungstabelle für die Jahre 2019-2021, das um 0,3 Prozentpunkte höher liegt als der Tarifabschluss für die Landesbeschäftigten, konnte der bisherige Abstand zu den anderen Bundesländern in der Besoldungstabelle geringfügig reduziert werden. Trotzdem bedeutet die weitere zeitliche Verschiebung der Besoldungsanpassung (ab 1. August 2019 +3,2 %, ab 1. Juni 2020 +3,2 % und ab 1. April 2021 +1,7 %) gegenüber dem Tarifbereich (1. Januar 2019, 2020 und 2021) – und dies bereits im neunten Jahr in Folge – einen weiteren Einkommensverlust im Jahreseinkommen für die Beamtinnen und Beamten.
Offene Rechtsverfahren Das OVG des Saarlandes hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2018 festgestellt, dass die Besoldung der Beamten des Saarlandes in der Besoldungsgruppe A 11 in den Jahren 2011 – 2016 in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen war und hat das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Nach Auffassung des OVG ergeben sich beim Vergleich der Beamtenbesoldung mit der Entwicklung der Tariflöhne im öffentlichen Dienst, des Nominallohnindexes sowie des Verbraucherpreisindexes und unter Berücksichtigung des Abstands der untersten Besoldungsgruppe zum sozialrechtlichen Grundsicherungsniveau ausreichende Indizien, die eine umfassende Betrachtung und Gesamtabwägung der Verfassungsmäßigkeit des Alimentationsniveaus erforderlich machen.
Das Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschluss des Zweiten Senats vom 23. Mai 2017- 2 BvR 883/14 — 2 BvR 905/14 –) hat zudem erneut das Abstandsgebot als einen eigenständig hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums hervorgehoben, der in enger Anbindung zum Alimentationsprinzip und zum Leistungsgrundsatz steht. Mit Schreiben vom 24. August 2017 forderte der dbb saar Landesregierung und Landesgesetzgeber auf, die zeitverzögerten Anpassungen – gestaffelt nach Besoldungsgruppen – für die Besoldungsjahre 2013 – 2016 an die jüngste Rechtsprechung des BVerfG anzupassen. Dies ist bisher nicht geschehen!
Wir stellen fest, den mit Artikel 33 Grundgesetz vorgegebenen und durch die Rechtsprechung ausgeschärften Vorgaben ist der Besoldungsgesetzgeber im Saarland – wie auch in den meisten anderen Bundesländern – nicht nachgekommen.
Deshalb hat u.a. das Bundesverwaltungsgericht dem Bundesverfassungsgericht am 22. September 2017 erneut in 5 Musterverfahren (Az. 2 C 56.16, 2 C 57.16, 2 C 58.16, 2 C 4.17 und 8.17) die Frage vorgelegt, ob die den Berliner Beamten und Richtern gewährte Besoldung amtsangemessen ausgestaltet war. Zudem hat das OVG Berlin-Brandenburg am 11. Oktober 2017 (Az. 4 B 34.12) einen Aussetzungs- und Vorlagebeschluss erlassen, der ebenfalls die Frage der Gewährung der amtsangemessenen Alimentation in Berlin zum Gegenstand hat. Hinzu kommt der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des OVG des Saarlandes vom 17. Mai 2018.
Rechtswahrung Im Hinblick auf die aktuelle Entwicklung und einer möglichen Rechtswahrung empfiehlt der dbb den Beamtinnen, Beamten und Versorgungsempfängern wie bereits im Haushaltsjahr 2018 auch im Haushaltsjahr 2019 einen Antrag auf amtsangemessene Alimentation beim Dienstherrn zu stellen. Hierzu stellt der dbb beiliegenden Musterantrag zur Verfügung.
Nach Rücksprache mit der Zentralen Besoldungsstelle (ZBS) soll den Antragsstellern die im Antrag für das Haushaltsjahr 2018 geforderte schriftliche Bestätigung über das Ruhen des Antrages bis zur endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sowie der Verzicht auf die Einrede der Verjährung noch in 2019 umgesetzt werden.
Sollte das Bundesverfassungsgericht zum Vorlagebeschluss des OVG des Saarlandes vom 17. Mai 2018 in 2020 noch zu keinem Urteil kommen, wird der dbb saar auch für das Haushaltsjahr 2020 einen Musterantrag zur Verfügung stellen.