Weitere Rechte und Pflichten
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Im rechtlichen Zusammenhang mit Rechten und Pflichten von Beamtinnen und Beamten kommt es immer wieder auch zu Beschwerden über das dienstliche Verhalten von Kolleginnen und Kollegen. Das ist unangenehm und bedarf insbesondere einer rechtlichen Bewertung und dem Ergreifen geeigneter Maßnahmen.
Solche Beschwerden werden zumeist gerne als „Dienstaufsichtsbeschwerde“, „Fachaufsichtsbeschwerde“ oder schlicht „Beschwerde“ benannt. Allerdings werden diese zumeist aus Laiensicht so bezeichnet, ohne der Beschwerde einen bestimmten rechtlichen Charakter zu geben. Heißt mit anderen Worten: Man muss zunächst klären, was oder wem der Petent überhaupt mit seiner Beschwerde entgegentreten möchte. Während das „wem“ in der Regel einfach zu bestimmen sein wird, ist das „was“ oftmals schwieriger. Daher ist zunächst eine rechtliche Unterscheidung wichtig. Die falsche oder fehlerhafte Bezeichnung schadet nicht. Vielmehr ist die Beschwerde aus Laiensicht auszulegen nach dem, was der Petent möchte und gegen was sie sich richtet.
Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist ein formloser Rechtsbehelf, der es einem Bürger ermöglicht, das Verhalten eines Amtsträgers im öffentlichen Dienst überprüfen zu lassen. Sie ist eine besondere Form der in Art. 17 GG vorgesehenen Petition.
Die Dienstaufsichtsbeschwerde richtet sich gegen das persönliche Verhalten eines Beamten. Sie ist nicht darauf gerichtet, Entscheidungen oder Bescheide zu korrigieren, wie zum Beispiel ein Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt. Ziel ist es festzustellen, ob der Beamte beispielsweise die Regeln von Sachlichkeit und Höflichkeit verletzt hat. Man könnte auch sagen, man beschwert sich über die Art und Weise der Dienstausübung, beispielsweise ob ein Lehrer in unangemessener Weise mit einem Schüler oder einem Elternteil spricht. Rechtlicher Maßstab sind die einschlägigen beamtenrechtlichen Vorschriften, wie die Dienstpflicht zur Objektivität (§ 33 BeamtStG) und das Mäßigungsgebot im Verhalten gegenüber Bürgern (§ 34 BeamtStG).
Wird nicht das persönliche Verhalten des Beamten angegriffen, sondern die mangelnde Fachkompetenz oder die falsche Rechtsanwendung, ist hiergegen eine Fachaufsichtsbeschwerde zu stellen. Sie ist also ein auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des dienstlichen Verhaltens gerichteter Rechtsbehelf.
Die Entscheidung über die Beschwerden trifft der Dienstvorgesetzte, sprich bei Lehrerinnen und Lehrern die Schulleitung, bei Beschwerden über Schulleitungen das Ministerium. Gleiches gilt für fachaufsichtliche Beschwerden. Auch hier ist entscheidend, wer konkret die Fachaufsicht wahrnimmt. Schulleitungen ist in jedem Fall zu empfehlen, Entscheidungen mit der Fach- und Dienstaufsicht des Ministeriums abzustimmen, auch um einem Vorwurf der Parteilichkeit oder Voreingenommenheit von Anfang an entgegen zu treten.
Sollten Ihnen substantielle Vorwürfe gemacht werden, die geeignet sind, auch dienstrechtliche Konsequenzen (ggf. auch ein Disziplinarverfahren) nach sich ziehen zu können, so sollten Sie dringend rechtzeitig Rechtsschutz über den SLLV beantragen. Unter Umständen sollten auch Maßnahmen gegen eventuell rufschädigende Vorwürfe geprüft werden. Denken Sie beispielweise daran, dass Ihnen wahrheitswidrig Rassismus oder Sexismus vorgeworfen oder unterstellt werden kann. Das sind ernstzunehmende Vorwürfe, die man so nicht stehen lassen kann und darf.
Bitte denken Sie auch daran, dass laufende Beschwerdeverfahren Auswirkungen auf anstehende Beförderungen haben. Auch deshalb ist es wichtig, so etwas so schnell wie möglich qualifiziert aus der Welt zu schaffen.
Sie sollten daher qualifizierten Rat, beispielsweise über den SLLV Rechtsschutz, einholen.
Für Dienst- und Fachaufsichtsbeschwerden gibt es keine Form- oder Fristvorschriften. In Juristenkreisen wird daher etwas abfällig gewitzelt „formlos, fristlost, … erfolglos“. In der Tat ist das gefühlte Fehlverhalten oftmals „nur gefühlt“ und ohne rechtliche oder tatsächliche Grundlage. Die Zahl erfolgreicher Beschwerden ist überschaubar. Dennoch ist es unbedingt geboten, solche Beschwerden ernst zu nehmen und ihnen rechtlich qualifiziert entgegen zu treten, wie oben kurz dargestellt.
Ich möchte heute zum Schluss noch auf Ihr Recht auf Remonstration eingehen. Sie ist verkürzt gesagt eine Einwendung, die ein Beamter gegen eine Weisung bzw. eine Anordnung erhebt, die er von seinem Vorgesetzten erhalten hat. Sie ist zentraler Bestandteil des Beamtenrechts und der Verpflichtung des Beamten, sich rechtskonform zu verhalten.
Dieses Recht ist durch das Beamtenstatusgesetz in § 36 rechtlich normiert.
(1) Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung.
(2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächsthöhere Vorgesetzte oder den nächsthöheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder aber strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. Die Bestätigung hat auf Verlangen schriftlich zu erfolgen.
Die Remonstration ist nur bei Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einschlägig, nicht bei Maßnahmen, die Sie für unsinnig, unpädagogisch oder nicht zweckmäßig erachten. Eine Remonstration kann sich bei Weisungen des Schulleiters gegen diesen richten oder bei Weisungen des Ministeriums gegen dieses.
Sie haben nicht nur das Recht auf Remonstration, sondern die beamtenrechtliche Pflicht dazu, wenn begründete Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer Weisung bestehen. Bevor Sie förmlich remonstrieren, sollten Sie den Dienstvorgesetzten zunächst auf den möglichen Rechtsverstoß hinweisen. Sofern die Weisung bzw. die Anordnung aufrechterhalten wird und eventuelle Begründungen Sie nicht überzeugen, sollten Sie förmlich (schriftlich, auf dem Dienstweg) remonstrieren. Die vorgesetzte Behörde entscheidet dann über Ihre Remonstration. Wird im Verfahren die Weisung bzw. Anordnung bestätigt, so haben Sie sie auszuführen, Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. In allen Fällen sollten Sie auf eine schriftliche Bestätigung bestehen. Fragen oder rechtliche Unklarheiten bei diesem Verfahren sollten Sie über den Rechtsschutz des SLLV abklären.
Zur Person:
Arnold W. Sonntag, Jahrgang 1973, seit über 13 Jahren Justiziar im Landesvorstand des dbb saar, nebenberuflich lange Jahre Dozent an der Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, an der Fachhochschule für Verwaltung des Saarlandes, an der Verwaltungsschule des Saarlandes und der dbb akademie. Nebenamtliches Mitglied im saarländischen Landesprüfungsamt für Juristen. Seit 2008 in der Landesverwaltung tätig, davor rund 8 Jahre Rechtsanwalt in einer mittelständischen Kanzlei.