Vorwort von Michaela Günther in der neuen November-Ausgabe der SLLV-Zeitschrift „Lehrer und Schule heute“
Der Herbst ist da – wir müssen uns warm anziehen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Herbst ist da. Anders als in dem schönen Kinderlied „Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da“, das wir in meiner eigenen Grundschulzeit immer gesungen haben, hat der Satz in diesem Jahr etwas Bedrohliches. Jetzt ist er da, der Herbst, den alle in diesem Coronajahr so gefürchtet haben. Und er hat nicht nur Wind, Regenwetter, Herbstlaub und Früchte mit im Gepäck, sondern auch erschreckend hohe Corona-Infektionszahlen. Obwohl jeder gehofft hatte, dass es nicht so kommen würde, ist genau das eingetreten, was wir alle befürchtet haben: rasant steigende Ansteckungsfälle. Während ich dieses Vorwort schreibe, sind gerade Herbstferien. Wie sich die Situation darstellen wird, wenn Sie diese Zeitschrift in den Händen halten werden, weiß ich nicht, aber es ist zu befürchten, dass sich die Situation noch weiter verschlimmert haben wird. Die Verantwortlichen in der Politik – sowohl auf Landes- als auch Bundesebene – versuchen, uns Lehrkräfte damit zu beruhigen, dass sich die Schulen bisher nicht als Treiber der CoronaPandemie gezeigt hätten und keine Hotspots seien. Das wurde allerdings gesagt, als die Fallzahlen noch verhältnismäßig gering waren. Auch die Maßnahmen im Musterhygieneplan sind kurz vor den Ferien unter diesem Eindruck aktualisiert worden. Fakt ist, dass in der Schule stattfindet, was in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen unbedingt vermieden werden soll: Viele Menschen verbringen viel Zeit in engen Räumen. Nachdem wir uns nach den Sommerferien trotz großer Sorgen irgendwie mit der Situation arrangiert haben, weil wir die Notwendigkeit sehen, dass unsere Schülerinnen und Schüler die Schule besuchen müssen, und uns unserer Verantwortung bewusst sind, wachsen die Ängste und Bedenken der Kolleginnen und Kollegen verständlicherweise zunehmend an. Sie fragen zu Recht, ob die getroffenen Maßnahmen ausreichen können, um das Ansteckungsrisiko gering zu halten. Neben den AHA-Regeln, die bereits alle verinnerlicht haben, wird uns von der KMK eine Handreichung zum Lüften an die Hand gegeben, die sich inhaltlich auf die Formel „20-5-20“ reduzieren lässt. Ich behaupte, dass Lehrkräfte schon längst Lüftungsexperten sind und bereits wissen, wie ein bestmöglicher Luftaustausch in den Klassenräumen erreicht werden kann. Nur fragen sie sich, wie das im Winter bei nasskaltem und stürmischem Wetter funktionieren soll, wenn es in die Klassenräume regnet? Dazu findet man in der Handreichung nämlich nichts. Außerdem sollte auch klar sein, dass durch das Lüften lediglich das Risiko einer indirekten Übertragung verringert wird. Angesichts der Mammutaufgabe, Schutz vor Ansteckung in Schulen zu gewährleisten, erscheint das Lüftungskonzept jedenfalls äußerst mager. Wenn sich die Lage weiter verschärft, müssen auch die Maßnahmen verschärft werden. Wir fordern die Politik dazu auf, nicht nur auf Sicht zu fahren, sondern rechtzeitig Alternativen zum regulären Unterricht zu planen. Wenn die Situation es erfordert, darf eine Einschränkung des Präsenzunterrichtes nicht ausgeschlossen werden. Der Gesundheitsschutz all derjenigen, die in Schulen tätig sind, muss im Vordergrund stehen!
Diese Forderung werden wir auch in die im November anstehenden Haushaltsberatungen mit den Landtagsfraktionen mitnehmen. Mit in der Tasche werden wir u. a. unseren Leitantrag des Landesausschusses haben, den Sie in dieser Ausgabe finden. Er verdeutlicht die personellen, strukturellen und organisatorischen Probleme, die uns schon lange begleiten. Die Coronakrise liefert uns noch stärkere Argumente und wir hoffen auf offene Ohren und ein Umdenken bei den Bildungspolitikern.
Ich wünsche Ihnen allen, dass Sie alle gesund durch diesen schwierigen Herbst kommen!
Herzliche Grüße
Michaela Günther