Vorwort von Lisa Brausch in der neuen Dezember-Ausgabe der SLLV-Zeitschrift „Lehrer und Schule heute“
Appell an die Politik: Bitte ernst nehmen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein besonderes Jahr neigt sich dem Ende zu. Die Corona-Pandemie hat alles auf den Kopf gestellt. Mit großer Erwartung wurden nun die Beschlüsse der Ministerpräsident*innen mit der Kanzlerin am 25. 11. auch in der Lehrerschaft verfolgt. Während es in allen anderen Bereichen wegen der stagnierenden Infektionszahlen zu erweiterten Einschränkungen kommt, bleiben die Schulen mal wieder außen vor, was eine gemeinsame Richtung angeht. Dies ist für die Lehrkräfte und auch für uns als deren Vertretung, die sich tagtäglich für deren verbesserten Schutz einsetzt, nicht mehr nachvollziehbar. Fast mantraartig wird von den Entscheidern versichert:
„Schulen sind keine Treiber der Pandemie.“ Damit wird alles begründet, das Aufweichen der Quarantäneregeln genauso wie das strikte Weigern, überhaupt wirklich über ein Unterrichten in kleineren Gruppen, in welchen der erforderliche Abstand eingehalten werden kann, nachzudenken. Kaschiert werden damit die Probleme der engen Personal- und Infrastruktur, die Versäumnisse der Vergangenheit. Das längst überfällige – von den Lehrervertretungen vehement eingeforderte – Bereitstellen der FFP2-Masken durch unseren Dienstherrn ist ein kleiner Schritt zu mehr Sicherheit. Aber Einsicht bei den Entscheidungsträgern scheint es – verfolgt man das entsprechende Rundschreiben dazu – nicht zu geben. Dort heißt es: „Es handelt sich nicht um eine Arbeitsschutzmaßnahme, sondern um eine Maßnahme des MBK, die dem Gefühl von Lehrkräften und anderen in der Schule tätigen Personen, einen Schutz durch eine FFP2-Maske statt einer MNB zu benötigen, entgegenkommen will.“ Man hat fast das Gefühl, Lehrkräfte würden als Hypochonder gesehen. Dass auch sie Ängste vor dieser unberechenbaren Krankheit haben, dass sie sich an der Front sorgen um ihre vulnerablen Angehörigen, scheint überhaupt keine Rolle zu spielen.
Am 27.11. hat die KMK, auch auf Druck der Lehrerverbände, endlich Zahlen zum Infektionsgeschehen in Schulen offengelegt. Demnach sind an diesem Tag 3000 Lehrer und 20.000 Schüler mit Corona infiziert. „Diese Zahlen liefern keinen Grund, berechtigte Ängste der Eltern, Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte herunterzuspielen“, so unser Bundesvorsitzender Udo Beckmann. Betrachtet man diese aktuellen Zahlen, wird es umso unbegreiflicher, dass im Beschlusspapier der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Länder vom 25. November beim Beschreiben der neuen Kontrollstrategie (sofortige
Clusterisolation der jeweils vom Gesundheitsamt festgelegten Gruppe für fünf Tage) zu lesen ist: „Wegen des zeitlich befristeten und anders strukturierten Kontaktes werden Lehrer nicht in die Clusterisolation einbezogen.“ Diese Maßnahme erweckt den Eindruck, dass die Entscheidungsträger sich nicht darüber im Klaren sind, wie Lehrerinnen und Lehrer mit den ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schülern arbeiten. Ich empfehle eine Hospitation an einem einzigen Schultag, dann dürfte klar werden, wie viel Kontakt es zwischen Lehrerkräften und Schülerinnen und Schülern gibt!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir werden auch weiterhin bei allen Entscheidungsträgern für Ihre Belange kämpfen und auch in der Presse die besondere Lage der Schulen thematisieren. Für dieses aufreibende Engagement möchte ich an dieser Stelle allen Mitgliedern des Landesvorstandes sehr herzlich danken, die sich an unterschiedlichen Stellen – je nach Arbeitsbereich – für Verbesserungen an den Schulen einsetzen.
Für Ihre engagierte Arbeit vor Ort in den Schulen danke ich Ihnen und wünsche – trotz dieser schwierigen Zeiten – allen Leserinnen und Lesern ein frohes Weihnachtsfest, Zeit zum Durchatmen und vor allem ganz viel Gesundheit für das kommende Jahr.
Ihre
Lisa Brausch, Landesvorsitzende
Saarlouis, den 28.11.2020