SLLV weist die harsche Kritik der Ministerin vehement zurück
SLLV weist die harsche Kritik der Ministerin vehement zurück
Pressemitteilung vom 28. April 2023
In ihrem Interview mit der SZ übt die Ministerin nach Auffassung des Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (SLLV) sehr scharf Kritik an der Lehrerschaft bzw. den Fachleiterinnen und Fachleitern der Studienseminare. Zusammenfassend ist das Interview so zu deuten, dass das Ministerium alles tut, um die Schulen zu entlasten und qualitativ guten Unterricht mit ausreichend personellen Ressourcen und multiprofessionellen Teams zu gewährleisten. Schule hat, nach Auffassung der Ministerin, die gesellschaftlichen Veränderungen zu tragen und auszubügeln, sich auf alle Schüler adäquat einzustellen und dabei auch noch die Erziehungsarbeit zu leisten, die eigentlich Aufgabe der Eltern wäre – so kann man die Aussagen deuten.
„Es kann nicht sein, dass die Ministerin hier die Lehrkräfte in ihrer Arbeit angreift, dabei aber die eigenen Versäumnisse nicht einmal erwähnt“, ärgert sich Lisa Brausch, Vorsitzende des SLLV.
Noch vor ein paar Monaten hat sich Frau Streichert-Clivot gegen den Begriff Lehrermangel gewehrt, den gäbe es im Saarland nicht. Und plötzlich, wie aus dem Nichts, haben wir nun doch auch im Saarland ein massives Problem, einen Mangel, dem wir mit allen Mitteln entgegensteuern müssen.
Für uns als Verband ist das keine Überraschung. Schon seit Jahren fordern wir die Aufstockung der Studienplätze oder auch die Einrichtung eines Studienganges für das Lehramt an Förderschulen. Den NC abzuschaffen ist nur ein kleiner Baustein, um etwas gegen den Lehrkräftemangel zu, der grundsätzlich zu begrüßen ist. Das allein wird aber langfristig nicht ausreichen. Es muss endlich ein Masterplan her, der mit umfassenden Maßnahmen den Mangel angeht. Grundsätzlich müssen die Arbeitsbedingungen verbessert werden, um den Lehrerberuf auch für junge Menschen attraktiv zu machen. Die Schuld für die geringe Anzahl von Lehramtsanwärterinnen nun bei den Fachleitern zu suchen, ist für den Verband ein Unding.“
Der SLLV fordert die Zusage einer Planstelle für alle Referendarinnen und Referendare bereits zu Beginn der 2. Ausbildungsphase, wie es in anderen Bundesländern schon üblich ist. Dazu bedarf es einer weiteren Aufstockung der Planstellen. Das weitere Abspeisen mit befristeten Verträgen wird die so dringend benötigten, jungen Lehrkräfte nicht motivieren, im Saarland zu bleiben.
Eine Durchlässigkeit bei den Lehrämtern ist grundsätzlich zu befürworten, aber sie darf nicht zu einer „Verwässerung“ der spezifischen Lehrämter führen. Ein Wechsel muss jeweils mit hochwertigen Qualifikationsmaßnahmen begleitet werden. „Einheitslehrer“ darf man anscheinend nicht sagen, aber es ist trotzdem davor zu warnen, „einen Lehrer/eine Lehrerin für alle“ ausbilden zu wollen. Das wird auf keinen Fall dazu führen, den Lehrkräftemangel zu bekämpfen.
Dass das System Gemeinschaftsschule an vielen Stellen aufgrund der unzähligen Herausforderungen vor dem Kollaps steht, ist auch kein Geheimnis. Hier wäre es allerdings sinnvoll, die Schulen bei z.B. massiven Disziplinierungsproblemen zu unterstützen und nicht noch aus dem Ministerium heraus deren Autorität zu untergraben, indem Maßnahmen zurückgezogen werden müssen.
Die Aussage der Ministerin, sie nehme die Schüler in den Blick, ist eine Unverschämtheit. Sie suggeriert damit, Lehrkräfte täten das nicht. Gerade die Tatsache, dass diese ihrer Schülerschaft, egal in welcher Schulform, nicht gerecht werden können, ist eine der Hauptbelastungen.
Die Lehrerinnen und Lehrer sind sehr wohl in der Lage, sich auf Neuerungen einzustellen und arbeiten seit Jahren am Limit. Deren Unterricht ist nicht altbacken, sondern richtet sich nach den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler und stellt sich auf alle Unwägbarkeiten und gesellschaftlichen Veränderungen ein. Aber Schule ist und bleibt ein Ort des Lernens und kann nicht nur durchgängig Sozialarbeit leisten und die familiären und gesellschaftlichen Missstände auffangen.
Lisa Brausch erklärt erzürnt: „Schule spiegelt immer sehr schnell die gesellschaftlichen Veränderungen wider und unsere Lehrkräfte sind sehr wohl in der Lage, sich darauf einzustellen.“
Selbstverständlich hat die jetzige Landesregierung und im speziellen die Bildungsministerin die Personalressourcen aufgestockt und die multiprofessionellen Teams implementiert, das steht außer Frage und wird auch von uns als Vertretung der Lehrkräfte anerkannt und positiv bewertet.
Jedoch die Aussage „Es ist nie genug“ ist ein Affront gegen uns Interessenvertreter. Unsere berechtigten Forderungen werden herabgewürdigt, statt die Not der Lehrkräfte ernst zu nehmen.
Dass dies allerdings nicht ausreichend ist bei den schnellen Veränderungsprozessen, ist unbestreitbar. Gerade die Gemeinschaftsschulen benötigen noch mehr Unterstützung und dabei darf nicht immer nur an die Kinder und Jugendlichen mit besonderen Bedarfen gedacht werden. Auch die „ganz normalen, unproblematischen“ Kinder und Jugendlichen haben ein Recht auf Bildung und Unterstützung. Aber für die fehlt häufig die Zeit. Das Umstellen auf digitales oder selbstorganisiertes Lernen ist in den Schulen nicht das Allheilmittel und funktioniert nur bei entsprechender personeller und technischer Ausstattung, das bestätigen erfahrene Pädagoginnen und Pädagogen aller Schulformen.
Die Schuldzuweisungen der Ministerin sind ein Zeichen für die mangelnde Wertschätzung der Arbeit der saarländischen Lehrerinnen und Lehrer. Es nutzt nichts, die Fehler immer nur bei anderen zu suchen. Die Politik muss sich an die eigene Nase fassen und die Fehler und Versäumnisse, die sich dort in den letzten Jahren angehäuft haben, kritisch bewerten.
Fazit: Gute Bildung funktioniert nur durch gute Kommunikation, ein wertschätzendes Miteinander und nicht ein Gegeneinander.
Die Pressemitteilung im PDF-Format: 06_23 Wertschätzung sieht anders aus!