Pressemitteilung vom 8. November 2021: Stellungnahme des SLLV zur geplanten Medienausleihe ab dem Schuljahr 2022/23
Saarlouis, den 08.November 2021
Pressemitteilung
Stellungnahme des SLLV zur geplanten Medienausleihe ab dem Schuljahr 2022/23
Schon zu Beginn des laufenden Schuljahres sollten alle Schülerinnen und Schüler der 6. Klassen mit Tablets ausgestattet werden. Bislang hat sich außer der Pilotphase aber noch nichts in dieser Angelegenheit getan. Das Bildungsministerium stellt den ambitionierten Zeitplan auf, zum Schuljahr 2022/23 nicht nur einen Jahrgang in die sogenannte Medienausleihe einzubeziehen sondern für alle saarländischen Schülerinnen und Schüler ab Klassenstufe 3 von der Schulbuchausleihe auf die Medienausleihe umzusteigen.
Allerdings gilt es vor Einstieg noch unzählige Fragen zu klären, mahnt der SLLV.
„Grundsätzlich finde ich es gut, dass digitale Medien in den Schulen zum Einsatz kommen. Schulen dürfen nicht abgehängt werden von der Gesellschaft und der Wirtschaft mit ihren Bedarfen im digitalen Bereich.
Allerdings darf nicht schon wieder einmal der 2. Schritt vor dem ersten gemacht werden.“, fordert Lisa Brausch, Vorsitzende des Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes.
Selbst in den allermeisten weiterführenden Schulen sind die technischen Voraussetzungen für einen reibungslosen und zielführenden Unterricht mit Tablets nicht gegeben. Ganz zu schweigen von den Grundschulen, die häufig unverschuldet digital noch „im Mittelalter“ leben, und auf die Gunst sowie die finanzielle Lage ihrer Schulträger angewiesen sind. Selbst Schulen, die digital gut aufgestellt sind, klagen über unzureichende Netzkapazität, -störungen und Ausfälle, die ein Unterrichten auf digitaler Basis sehr negativ beeinflussen.
„Man kann sich auf die Technik nie richtig verlassen“, klagen Lehrkräfte, „man plant mit viel Zeitaufwand eine digitale Unterrichtseinheit und scheitert schlussendlich an der Technik.“ An erster Stelle steht für die Schulen ein dauerhaft und kurzfristig erreichbarer Support, der bei Problemen schnell Lösungen herbeiführen kann. Lehrkräfte müssen intensiv fortgebildet werden, um einen guten Unterricht auf digitaler Basis
durchführen zu können.
Zudem mache es keinen Sinn, die Schülerinnen und Schüler digital auszustatten, während die Lehrkräfte ihren Unterricht noch mit der grünen Tafel gestalten müssten.
Ein sinnvolles Arbeiten mit digitalen Geräten erfordert auch eine digitale Ausstattung aller Klassensäle, zudem sind die veralteten Raumkonzepte in den Schulen einem offenen und eigenverantwortlichen Arbeiten mit Tablets nicht zuträglich.
Hinzu kommt, dass nicht nur die Schulbücher digital aufgespielt werden dürften, sondern auch ein umfangreiches Repertoire an Apps zum differenzierten Lernen zur Verfügung gestellt werden müsse. Diese verursachten jedoch enorme Anschaffungs- und Folgekosten für die Träger. Es sei fraglich, ob alle Schulträger über die notwendigen finanziellen Mittel hierfür verfügten.
Lisa Brausch erkennt den Zugewinn durch die Medienausleihe an. „Jedoch ist es für uns undenkbar auf analoge Materialien, wie einzelne Bücher, Arbeits- und Übungshefte zu verzichten.“ Die Handschrift ist unersetzbar und ein Lernen über viele Kanäle (akustisch, taktil, optisch…) verstärkt den positiven Lernerfolg. Es ist wünschenswert, dass weiterhin eine Methodenvielfalt in der Schule möglich ist, dabei müssen auch Bücher weiterhin eine Rolle spielen und dürfen keinesfalls komplett ersetzt werden.“
Brausch stellt sich auch die Frage, welche gesundheitlichen Risiken der dauerhafte Umgang mit den digitalen Geräten mit sich bringt: „Viele Kinder beschäftigen sich in der Freizeit täglich stundenlang mit elektronischen Geräten, deshalb sollte in der Schule nicht auch ein ausschließliches Lernen über diesen Kanal stattfinden“.
Der SLLV fordert, dass die notwendigen Voraussetzungen vor Einführung der digitalen Schulbuchausleihe uneingeschränkt an jedem einzelnen Standort geschaffen werden und ein Unterrichten sowohl analog als auch digital in einer sinnvollen Mischung weiterhin möglich bleibt.