Presseerklärung vom 29.11.2024: Förderschulen und Inklusion – Der SLLV sieht dringenden Handlungsbedarf an beiden Systemen
Presseerklärung vom 29.11.24:
Förderschulen und Inklusion –
Der SLLV sieht dringenden Handlungsbedarf an beiden Systemen
Beide Wege müssen offen bleiben – SLLV fordert mehr Pragmatismus in der Inklusionsdebatte und mahnt größere Anstrengungen zur Förderung der Regelschulen an.
In einem Interview der Saarbrücker Zeitung verteidigt Ilka Hoffmann, Leiterin der Koordinierungsstelle Gemeinsames Lernen am Bildungscampus, die Inklusion im Saarland und kritisiert die exklusive Beschulung von Kindern mit besonderen Bedarfen an den Förderschulen.
Die Aussagen von Frau Hoffmann werfen einige kritische Fragen auf, die nicht ignoriert werden können. Während der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband (SLLV) die Inklusion grundsätzlich unterstützt, sieht er aktuell auch die praktischen Grenzen dieser Strategie, insbesondere in Bezug auf die Personalisierung und die heterogene Zusammensetzung der Klassen.
Auch Frau Hoffmann bestätigt, dass es den meisten Schulen an der notwendigen Ausstattung zur Umsetzung der Inklusion fehlt. Anstatt jedoch praktikable Lösungswege für die Regelschulen aufzuzeigen, redet sie die Situation an den Förderschulen schlecht und stellt deren Existenz in Frage.
„Diese ideologische Diskussion über die Daseinsberechtigung der Förderschulen bringt die Inklusion im Saarland keinen Schritt weiter!“ erklärt Dominik Schwer, der selbst seit 2009 sowohl an einer Förderschule als auch in der Inklusion an Grund- und Gemeinschaftsschulen tätig ist.
Der SLLV fordert eine langfristige und klare Strategie, um Regel- und Förderschulen gleichermaßen nachhaltig so auszustatten und zu unterstützen, dass sie den Anforderungen einer schülerorientierten Bildung für alle gerecht werden können.
Dass der Rechnungshof just einen Tag nach dem Interview von Frau Hoffmann unhaltbare bauliche Zustände an den Förderschulen in Trägerschaft des Bildungsministeriums moniert und einen langjährigen Investitionsstau feststellt, passt ins Bild und spricht Bände. Der Bericht des Rechnungshofes über die desaströsen Zustände an den landeseigenen Förderschulen untermauert die Ideologie des Bildungsministeriums. „Förderschulen werden leider sehr stiefkindlich behandelt, da sie nur als ein notweniges Übel betrachtet werden,“ erklärt Dominik Schwer.
Schwer moniert: „In anderem Kontext verweist das MBK immer wieder auf die Aufgaben und Pflichten der Schulträger. Es stellt sich die Frage, warum das MBK diese Pflichten bei den eigenen Schulen vernachlässigt.“
Für Unmut und Irritationen sorgte Frau Hoffmann zudem mit ihrem Statement zu den Förderschulen Lernen. Denen spricht sie die Daseinsberechtigung ab, indem sie das jahrzehntealte Vorurteil des sich selbst erhaltenden Systems postuliert.
„Diese Behauptung ist schon allein aufgrund der Raumnot an den Förderschulen und der von Frau Hoffmann im Interview selbst angesprochenen Reduktion der sog. Feststellungsdiagnostik seit Einführung der Inklusion inhaltlich unhaltbar“, erklärt Dominik Schwer und führt aus: „Wer in den letzten Jahren eine Förderschule Lernen von innen gesehen hat, der weiß, dass es das klassische Kind mit einem reinen Förderbedarf im Bereich des Lernens nicht mehr gibt.“
An den Förderschulen Lernen werden Kinder mit multiplen Bedarfen unterrichtet. Dabei handelt es sich vor allem um Schülerinnen und Schüler mit den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung, Lernen, Sprache, sozial-emotionale Entwicklung, Autismus und körperlich-motorische Entwicklung. Trotz dieser Heterogenität erreicht ein nicht unerheblicher Teil dieser Schülerschaft an der Förderschule Lernen einen Schulabschluss (HSA). Damit tragen diese Förderschulen einen wichtigen Teil zu einem funktionierenden Bildungssystem bei.
Mit ihrer Behauptung diskreditiert Frau Hoffmann einen kompletten Berufsstand. „Was den Förderschullehrkräften hier für eine Berufsauffassung und Einstellung ihren Schutzbefohlenen und deren Eltern gegenüber unterstellt wird, ist ein Schlag ins Gesicht und entbehrt jeder Grundlage“, ärgert sich Schwer. „Die Kolleginnen und Kollegen gehen täglich weit über ihre Belastungsgrenzen hinaus, um Kinder mit Förderbedarfen in ihrer Entwicklung zu einem selbstständigen und selbstbestimmten Leben in unserer Gesellschaft zu unterstützen. Für diese anspruchsvolle Aufgabe verdienen sie Respekt und Anerkennung anstatt haltloser, ideologischer Unterstellungen!“
Der SLLV lobt ausdrücklich die hervorragende Arbeit und den wichtigen Beitrag, welchen die Kolleginnen und Kollegen an den saarländischen Förderschulen leisten und mahnt mehr Respekt im Umgang mit den Förderschulen an.
Die Presseerklärung im PDF-Format: 13_24 Inklusion versus Förderschule.1