Presseerklärung: Stellungnahme des SLLV zum Wiedereinstieg in den regulären Schulbetrieb nach den Sommerferien
Saarlouis, den 02. Juli 2020
Stellungnahme des SLLV zum Wiedereinstieg in den regulären Schulbetrieb nach den Sommerferien
Der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband erkennt an, dass nach den Sommerferien ein Wiedereinstieg in den Regelbetrieb an allen Schulen angestrebt werden muss. Die gesellschaftlichen Bedingungen erfordern eine Vollzeitbeschulung aller Schülerinnen und Schüler.
„Hier geht es nicht nur darum, die Kinder und Jugendlichen zurück in die Schulen zu bringen und die Wirtschaft wieder in einen Vollbetrieb zurückzuführen. Es steht viel mehr im Fokus, dass für Schülerinnen und Schüler wieder eine verlässliche Tagesstruktur geschaffen werden muss und benachteiligte Lernende nicht weiter abgehängt werden“, erklärt Lisa Brausch, Vorsitzende des Verbandes.
Dies sieht der SLLV als grundlegende Aufgabe der Politik, die es gemeinsam mit allen Beteiligten in Angriff zu nehmen gilt.
Doch stellt sich nach Bekanntwerden der Eckpunkte für den Einstieg in den Regelbetrieb die Frage, ob es sich nicht um ein waghalsiges Experiment handelt, das hier angestrebt wird.
„Experten warnen noch immer vor einer vorschnellen Verharmlosung des Infektionsgeschehens, vor allem vor dem Hintergrund, dass während der Sommerferien viele Familien in unterschiedlichen Regionen und Ländern ihren Urlaub verbringen“, erläutert Brausch.
Damit birgt das Konzept des Wiedereinstiegs in den Regelbetrieb viele Unwägbarkeiten. Zudem ist das vorliegende Konzept hauptsächlich darauf ausgelegt, Infektionsketten nachzuvollziehen, ein wirkliches Schutzkonzept für Lehrkräfte und Schüler ist darin nicht enthalten.
Um einen Wiedereinstieg für alle Beteiligten möglichst sicher zu gestalten fordert der SLLV:
- Transparente Pläne für unterschiedliche Szenarien
Da nicht abzusehen ist, wie sich das Infektionsgeschehen weiter entwickeln wird, aber es gemeinsames Ziel aller Beteiligten sein muss, auf alle eintretenden Situationen möglichst umfassend vorbereitet zu sein, braucht es durch die Politik Planungen für unterschiedliche Szenarien. Diese müssen transparent und öffentlich kommuniziert werden, sodass bei jedem eintretenden Szenario allen klar ist, was zu tun ist und wer für wen Ansprechperson ist.
Essenziell ist zudem, dass die Schulleitungen konkrete Rahmenanforderungen erhalten, an denen sie sich orientieren, innerhalb derer sie aber entsprechend der Situation vor Ort frei agieren können. Die Eigenverantwortung muss unterstützt werden, aber darf kein Mittel zum Abschieben von Verantwortung sein. Die Haftung für alle Lockerungsmaßnahmen trägt das Ministerium.
- Ressourcenorientierung statt Theorie
Die Planungen müssen sich an den zur Verfügung stehenden Ressourcen orientieren. Dabei ist insbesondere auf Vorhaben zu verzichten, die weder personell noch durch die entsprechende Ausstattung in den Schulen unterlegt sind. Dazu gehört auch das Eingeständnis, dass mittelfristig flächendeckend kein regulärer Schulbetrieb gewährleistet werden kann – und von der Politik auch nicht versprochen werden darf.
- Mehr Zeit und Wertschätzung für neue Kompetenzen statt starrer Curricula
Der aktuellen Situation angemessen braucht es Zeit: für die Aufarbeitung, für die Wiedereinführung von Strukturen, für das Einüben des Umgangs mit digitalen Endgeräten. Das muss Vorrang haben vor dem Abarbeiten starrer curricularer Anforderungen. Dafür braucht es entsprechende Vorgaben.
- Arbeits- und Gesundheitsschutz im Fokus
Es ist intensiv zwischen einem möglichst normalen Schulbetrieb und dem bestmöglichen Arbeits- und Gesundheitsschutz für alle an Schule Beteiligten abzuwägen. Jede Aufhebung von Schutzmaßnahmen an Schulen muss wohlüberlegt sein und gut begründet sowie ausführlich kommuniziert werden. Bei jeder Lockerung ist von der Politik zu erläutern, welche alternativen Schutzmaßnahmen getroffen werden.
- Lernrückstände ausgleichen; Bildungsgerechtigkeit fördern
Durch die unterschiedliche Förderung der Schülerinnen und Schüler zu Hause und ihre unterschiedlichen kognitiven Voraussetzungen ist es insbesondere in der Zeit der Schulschließungen zu teilweise gravierenden Lernunterschieden gekommen, die nun stärkenorientiert auszugleichen sind. In Anbetracht der herausfordernden Situation durch die steigende Heterogenität in den Lerngruppen brauchen wir zur Umsetzung der individuellen Förderung mehr Personal, zum Beispiel durch den bedarfsgerechten Einsatz multiprofessioneller Teams.
Die Ausstattung mit digitalen Endgeräten und die Begleitung durch eine pädagogische Fachkraft sind für diese Kinder und Jugendlichen prioritär sicherzustellen.
Der SLLV weist darauf hin, dass die Landesregierung für alle Lehrerinnen und Lehrer eine Schutzausrüstung zur Verfügung stellen und auch ein verlässliches Testkonzept vor dem Wiedereinstieg in den Regelbetrieb vorlegen muss.
„Von Seiten der Bundesregierung wurde klargestellt, dass eine Maskenpflicht und die Einhaltung des Abstandsgebots uns längerfristig im Alltag begleiten werden. Insofern ist der geplante Regelbetrieb mit Beginn des neuen Schuljahres ein Experiment, dessen Risiken man sich bewusst sein muss“, erklärt Brausch.
„Im Falle von Infektionen an einer Schule muss unmittelbar entgegengesteuert werden. Es muss in allen Landkreisen und für alle Schulen eine klar definierte Vorgehensweise geben. Bei der Ergreifung der entsprechenden Maßnahmen dürfen keine Unterschiede gemacht werden. Die Gesundheit und das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen und ebenso der Lehrpersonen muss bei allen Überlegungen und Handlungen oberste Priorität haben“ , fordert Brausch.