LuSh – Ausgabe 12/2021 – Pädagogische Highlights aus dem Saarland – Was macht eigentlich ein Kinderhausmeister?LuSh – Ausgabe 12/2021 – Pädagogische Highlights aus dem Saarland – Was macht eigentlich ein Kinderhausmeister?LuSh – Ausgabe 12/2021 – Pädagogische Highlights aus dem Saarland – Was macht eigentlich ein Kinderhausmeister?LuSh – Ausgabe 12/2021 – Pädagogische Highlights aus dem Saarland – Was macht eigentlich ein Kinderhausmeister?
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LuSh – Ausgabe 12/2021 – Pädagogische Highlights aus dem Saarland – Was macht eigentlich ein Kinderhausmeister?
22. Dezember 2022

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

hier lesen Sie unseren ersten Beitrag der neuen Rubrik „Pädagogische Highlights aus dem Saarland“. Es wird Ihnen
die Tätigkeit eines Kinderhausmeisters erläutert, ein Projekt an der Grundschule Am Ordensgut in Saarbrücken.

Was macht eigentlich ein Kinderhausmeister?

„Jedes Kind möchte das Erlebnis haben, etwas gut machen zu können.“
(Leitbild der Grundschule Am Ordensgut)

Es ist 7 Uhr. Wie jeden Morgen betritt Kinderhausmeister John mit einem fröhlichen und lauten „Guten Morgen“ das Lehrerzimmer. Sein erster Gang führt zu dem Haken hinter der Eingangstür, an dem seine neonfarbene Dienstweste hängt. Nachdem er sie sich übergestreift und seinen Dienstschlüs­sel vom Schlüsselbrett genommen hat, begibt er sich auf seinen Rundgang durch die Schule. Seine erste Aufgabe ist es, die Türen aller Lerngruppen auf­zusperren und das Licht einzuschalten, denn die Kinder der Grundschule Am Ordensgut dürfen sich ab 7 Uhr morgens in ihren Lerngruppenräumen still beschäftigen, bis dann der eigentliche Unterricht um 8 Uhr mit der offenen Arbeit beginnt …

Die Grundschule Am Ordensgut befindet sich in der Moltkestraße in Saar­brücken, einem sozialen Brennpunkt im Stadtteil Alt-Saarbrücken. Viele Kinder leben in benachteiligten Familiensituationen. 75 % der Kinder sind von Kinderarmut betroffen. Sie kommen zusammen mit Kindern aus ande­ren Teilen des Einzugsgebiets der Schule, sodass eine bunte Mischung unter­schiedlicher Herkunft, Sprache, Hautfarbe, Kultur und Religion das Bild der Schulgemeinschaft prägt. Seit über 30 Jahren gehört auch die Inklusion zum Selbstverständnis unserer Schulkultur. Davon profitieren alle Schüler*innen, weil sie es als selbstverständlich erfahren, dass sie als Mensch mit unter­schiedlichen individuellen Eigenschaften und Eigenarten respektiert werden. Umgekehrt lernen sie auch, andere in ihrer Würde und mit all ihren Beson­derheiten zu achten. So entsteht bei uns ein kleiner Kosmos als Abbild unse­rer heutigen Gesellschaft.

Wir wollen den Kindern mit unserem pädagogischen Konzept nicht nur das notwendige Basiswissen mit auf den Weg geben, sondern auch gesellschaftlich elementare Werte vermitteln. Durch weitreichende Partizipation am Schul­leben sollen sie zu demokratischem Handeln befähigt und selbstbewusste, selbstständige und interessierte Menschen werden. Wir wollen den Grundstein legen für
die Entwicklung von Schlüsselqualifikationen wie Kommunikations­fähigkeit, Flexibilität, Kreativität, Teamfähigkeit, Durchsetzungsvermögen, Gewissenhaftigkeit, Zielorientiertheit und Verantwortungsbewusstsein.

Besonders im Fokus steht der wertschätzende Umgang mit jedem einzel­nen Kind unserer Schule, der in zahlreichen Formen unserer pädagogischen Arbeit zum Tragen kommt.

Mittlerweile ist es 7.10 Uhr geworden. Ausgerüstet mit seiner Taschenlampe begibt sich Kinderhausmeister John gemeinsam mit dem Schulhausmeister auf Inspektionsgang über das Außengelände der Schule. Es wird kontrolliert, ob es (über Nacht) eventuell Beschädigungen oder Verunreinigungen gegeben hat, die eine Gefahr für die Kinder darstellen könnten. Gemeinsam mit dem Schul­hausmeister werden diese mit dem passenden Handwerkszeug beseitigt, sodass die bald eintreffenden Kinder sorglos spielen können. Auch die kleinen Müll­eimer auf dem Schulhof werden geleert. Anschließend holt sich John aus dem Lehrerzimmer die kleinen Verkehrspylonen und stellt sie auf dem Bürgersteig vor der Schule auf, um zu verhindern, dass der Schulweg unserer Kinder von parkenden Autos zugestellt wird (Abb. 1). Dennoch kommt es bisweilen vor, dass bereits vor dem Aufstellen der Pylonen der Schulweg als Parkplatz genutzt wird. In diesem Fall notiert sich der Kinderhausmeister das Kennzeichen der falsch parkenden Fahrzeuge und übergibt diese Information der Schulleitung.

Diese Maßnahme, die entscheidend zur Gefahrenverhütung beiträgt, ist ein Ergebnis aus den Beratungen der Klassensprecherkonferenz (im Folgen­den KSK genannt). Nachdem es den Verantwortlichen der Schule nur ein­geschränkt gelungen war, in Verhandlungen mit der Stadt zu zielführenden Lösungen zu kommen, erwies sich die Idee der Kinder als die effektivste und wird daher seit einigen Jahren erfolgreich praktiziert.

Wertschätzung durch die Teilnahme
an demokratischen Entscheidungsprozessen

Innerhalb jeder Lerngruppe werden zu Beginn jedes Schuljahres ein/e Klassensprecher*in und eine Vertretung gewählt. Mittels in der Klasse aushängender Wahlplakate, auf denen einzelne Kandidaten*innen dar­stellen, was sie für das Amt des Klassensprechers qualifiziert, wird es den Mitschüler*innen ermöglicht, eine individuelle Wahlentscheidung zu treffen. Die Klassensprecher*innen aller Lerngruppen bilden die KSK der Schule, die sich einmal pro Woche im Lehrerzimmer zusammenfindet, um über Belange, die die gesamte Schule betreffen, zu beraten. In der ersten konstituierenden Sitzung der KSK wird in geheimer Wahl ein/e Moderator*in gewählt, der/ die die Sitzungen leitet. Unterstützt wird die KSK durch die Teilnahme einer Kollegin und unseres Schulhausmeisters.

In der KSK bringen die Klassensprecher*innen Vorschläge ein, die in den Klassenratssitzungen erarbeitet wurden. Darauf basierend trifft die KSK autark Entscheidungen. Die Ergebnisse der Konferenzen werden protokol­liert und sowohl der Schulleiterin mitgeteilt als auch durch die Klassenspre­cher*innen in die Klassenratssitzungen getragen. Auf diese Art und Weise werden die Kinder maßgeblich in gesamtschulische Entscheidungsprozesse einbezogen.

7.45 Uhr: Kinderhausmeister John betritt das Lehrerzimmer, um sich den Schlüssel für den Briefkasten vom Schlüsselbrett zu holen. Mit diesem begibt er sich zum Briefkasten im Untergeschoss, um ihn zu entleeren und die ent­nommene Post ins Sekretariat zu bringen. In das dort allmorgendlich statt­findende Gespräch zwischen der Sekretärin und dem Hausmeister wird John mit einbezogen. Hier erfährt er unter anderem, welche weiteren Aufgaben das Tagesgeschehen für ihn mit sich bringen wird und zu welchem Zeitpunkt diese erledigt werden sollen (z.B. Schneeräumung, Blätter fegen, usw.).

Als der KSK übergeordnete Entscheidungsinstanz fungiert unser Schüler­parlament, an dem alle Kinder unserer Schule teilnehmen. Zweimal pro Jahr versammeln sich alle Kinder in der Aula, um gemeinsam mit der KSK, die das Parlament leitet und moderiert, über besonders drängende bzw. schwerwiegende Probleme und aktuelle Themen zu beraten. Im Vorfeld der Sitzung des Parlaments werden durch die KSK organisatorische Vorbereitungen getroffen:

  • Einrichtung der Aula inkl. der Mikrofonanlage und des Beamers zu Prä­sentationszwecken
  • Vorbereitung von Podium und Rednerpult
  • Zuweisung der Funktionen im Podium (z.B. Moderator*in, Zeitwäch­ter*in, Protokollführer*in, Mikrofonträger*innen)
  • Erstellung von Zeit- und Themenplänen in Absprache mit der Schulleitung und dem Hausmeister

Durch das Schülerparlament wurde beispielsweise die langjährige Problema­tik der Verunreinigung der Toilettenanlagen, die durch unterschiedliche Maßnahmen seitens des Kollegiums nicht behoben werden konnte, gelöst. Die Verantwortung für die Einhaltung der Hygieneregeln auf den Toiletten übernahmen die Kinder in Eigenregie mittels des vom Schülerparlament ersonnenen Toilettenchefsystems, für das sich viele freiwillige Helfer fanden. Ein weiterer Erfolg konnte zuletzt durch eine vom Schülerparlament ent­wickelte Idee erzielt werden, indem eine schriftliche Eingabe an den Ober­bürgermeister von Saarbrücken die Aufstellung des lang erwarteten Groß­spielgerätes auf dem Schulhofgelände forcierte. Themen und Beschlüsse der KSK und des Schülerparlaments werden darüber hinaus regelmäßig in den Dienstbesprechungen erörtert und fest in die Entscheidungsprozesse des Kollegiums mit eingebunden. Als Beispiele können hier genannt werden: Die Anschaffung von Spielen für die „Spielerei“, einer Tischtennisplatte oder eines Lesesofas für die Schulbücherei, Verbesserung der Verkehrssituation, Entwicklung eines Schulmaskottchens (Ordi), Einführung neuer Regeln zum gemeinsamen Schulleben, Mitwirkung bei schulischen Veranstaltungen, z. B. Verkauf von Ordi-Keksen, Spielsachen-Tauschbörse u. Ä.

Besondere Würdigung erfährt die Arbeit der Klassensprecher durch die regelmäßige Teilnahme des Moderators/ der Moderatorin der KSK an den Sitzungen der Elternsprecherkonferenz, die alle zwei Monate stattfinden. Zu bestimmten Anlässen, wie z. B. der Beschreibung der aktuellen Arbeit der KSK und deren Arbeitsergebnissen, der Beantragung von Fördergeldern für bestimmte Projekte oder der Schulfestplanung, nimmt eine Delegation der KSK auch an der Gesamtkonferenz teil.

Durch die Mitwirkung und Teilnahme an den beschriebenen Entschei­dungsgremien werden unseren Kindern die Funktionsweise und Notwen­digkeit politisch-demokratischer Strukturen transparent gemacht. Durch die Erfahrung, auf die Schule betreffende Entscheidungen Einfluss nehmen zu können, wird in der gesamten Schülerschaft eine weitaus höhere Akzeptanz der beschlossenen Maßnahmen erreicht, als dies der Fall wäre, wenn Ent­scheidungen ausschließlich von der Schulleitung und den Lehrkräften getrof­fen würden.

Das Anbahnen demokratischen Denkens und Handelns wird durch die Beteiligung an den beschriebenen politisch-demokratischen Entscheidungs­prozessen, wie sie auch im weiteren Lebensverlauf der Kinder eine wichtige Rolle spielen werden, grundgelegt.

7.55 Uhr: Über den Lautsprecher der Schule ertönt das Motiv Peters aus „Peter und der Wolf‘: Während alle Kinder, die sich noch nicht im Schulhaus befin­den, dieses nun betreten, verlässt Kinderhausmeister John es wiederum, um die sich noch auf dem Bürgersteig vor der Schule befindlichen Pylonen einzu­sammeln und zurück ins Lehrerzimmer zu bringen. Danach entledigt sich John seiner Dienstweste und hängt sie zurück an den Haken hinter der Eingangstür des Lehrerzimmers, bevor er sich nun ebenfalls zu seiner Lerngruppe begibt.

Wertschätzung durch die Übernahme von Ämtern und Diensten

Durch die Übernahme von verantwortungsvollen Ämtern wird den Kindern vermittelt, dass nicht nur das Personal der Schule für einen funktionierenden Schulalltag verantwortlich zeichnet, sondern dass auch die Kinder selbst im Rahmen der Schülerpartizipation zu dessen Gelingen maßgeblich beitragen und ihn entscheidend mitgestalten können. Vor allem das Amt des Kinder­hausmeisters genießt an unserer Schule einen hohen Stellenwert. Die Erfah­rung hat gezeigt, dass für dieses Amt besonders diejenigen Kinder gewonnen werden können, die sich im Vorfeld eher durch negatives Verhalten Aufmerk­samkeit zu verschaffen suchten. Sowohl das positive Ansehen, welches der Kinderhausmeister in Ausübung seines Amtes erfährt, als auch der ihm von seinen Mitschülern*innen entgegengebrachte Respekt bewirken stets über­raschend positive Verhaltensänderungen.

Neben dem Amt des Kinderhausmeisters gibt es an unserer Schule viele weitere Möglichkeiten, sich durch die Übernahme von Diensten am Schul­leben zu beteiligen.

Unser Schlüsselkind ist dafür zuständig, täglich kurz vor Ende der Hof­pause alle Lerngruppenräume aufzuschließen. In eigener Verantwortung holt sich das Schlüsselkind bei einer Aufsichtsperson rechtzeitig den Schlüssel und begibt sich anschließend selbstständig damit ins Schulgebäude, um sei­ner Aufgabe nachzukommen. Dieses Amt wurde ins Leben gerufen, weil alle Kinder das Schulgebäude nach dem Pausenzeichen ohne vorheriges Aufstel­len und ohne Abholung durch Lehrkräfte betreten.

Unsere Blumenkinder gießen einmal in der Woche in Begleitung einer Eingliederungshelferin alle Pflanzen im Schulhaus. Im Sommer kümmern sie sich darüber hinaus um die Pflege der Grünanlagen auf dem Schulhof. Hierbei fallen neben dem Gießen auch weitere landschaftsgärtnerische Tätig­keiten wie beispielsweise das Bepflanzen und Säubern der Blumenbeete an.

Meist wird dieses Amt mit großer Freude von Kindern übernommen, die sich in der Bewältigung ihres Schulalltags aufgrund individueller Beeinträchti­gungen besonders schwertun. Die Ausübung dieser lebenspraktischen Tätig­keiten stellt zum einen ein Gegengewicht zu den kognitiven Lernphasen des Unterrichtsmorgens dar, zum anderen erfahren die Kinder hierdurch eine Aufwertung ihrer Persönlichkeit und eine damit verbundene Stärkung ihrer Selbstwahrnehmung. Da die Arbeit der Blumenkinder der ganzen Schul­gemeinschaft zugutekommt, wird sie regelmäßig im Plenum, z. B. bei den Wochenanfangs- und -abschlusskreisen, an denen alle Kinder und Lehrkräfte der Schule teilnehmen, gewürdigt.

Des Weiteren gibt es feste Klassendienste, die neben der Unterstützung organisatorischer Abläufe ebenfalls eine Würdigung der Kinder durch die Übernahme verantwortungsvoller Aufgaben innerhalb der Lerngruppe dar­stellen. Folgende Möglichkeiten der Partizipation stehen den Kindern zur Verfügung:

  • Tafeldienst
  • Computerdienst
  • Ordnungsdienst
  • Mülldienst
  • Datumsdienst
  • Tagesplandienst

Ein Amt mit besonderer Verantwortung stellt das Amt des Klassensprechers/der Klassensprecherin dar. Wie bereits oben beschrieben, vertreten diese zum einen die Interessen ihrer Lerngruppe nach außen hin (KSK, s. o.), und übernehmen zum anderen wichtige Aufgabenbereiche innerhalb ihrer Lerngemeinschaft. Um sich in der Rolle des Klassensprechers oder der Klassen­sprecherin entwickeln zu können, werden diese frühestens halbjährlich neu gewählt.

Unsere Müllteufel sammeln nach der großen Pause, ausgerüstet mit Eimer und Müllzange, liegen gebliebene Müllreste auf, die zum Großteil aufgrund der Nutzung des Schulgeländes durch Privatpersonen verursacht werden. Anschließend entsorgen sie die aufgesammelten Abfälle in die dafür bereitste­henden Behältnisse. In diesem Zusammenhang anfallende organisatorische Abläufe (bspw. das Verteilen und Einsammeln der Eimer und Zangen und die Zuteilung der Sammelzonen) werden von den Kindern autark geregelt.

10.25 Uhr, Beginn der großen Pause: Kinderhausmeister John macht sich auf den Weg zum Schulhof. Unterwegs nimmt er wahr, dass einige große Papp­kartons von einer Lieferung am Vortag vor dem Lehrerzimmer stehen geblie­ben waren. Nach kurzer Rücksprache mit unserem Hausmeister trägt John die Kartons zum Papiercontainer, wo er sie zerreißt und entsorgt. Nach geta­ner Arbeit begibt er sich zum gemeinsamen Spiel mit seinen Freunden.

Auch die Schulbücherei wird von unseren Büchereikindern eigenverant­wortlich geführt. Darin finden die Kinder unserer Schule ein vielfältiges Ange­bot aus dem Bereich der Kinder- und Sachliteratur, die unter anderem auch zur Informationsrecherche für Referate genutzt wird. Die Schulbücherei öffnet einmal pro Woche während der großen Pause. Sie wird durch eine eigenstän­dige Lautsprecherdurchsage des Büchereiteams angekündigt. Dieses besteht aus jeweils vier Kindern verschiedener Jahrgänge, deren Aufgabenbereiche an die Abläufe öffentlicher Bibliotheken angelehnt sind. Hierzu gehören die systematische Neuaufnahme und Einordnung von Büchern in die Regale, die Betreuung des Ausleihsystems, die Überwachung der Aufenthaltsregeln, die Akquise neuer Bücher und die Auswahl geeigneten Mobiliars. Zur Unterstüt­zung des Büchereiteams steht eine Lehrkraft als Ansprechpartner*in zur Ver­fügung. Zur Mitarbeit in der Schulbücherei können sich interessierte Kinder gegen Ende des Schuljahres rechtzeitig beim Büchereiteam bewerben, das geeignete Kinder auswählt und in die oben beschriebenen Abläufe einarbeitet.

Ebenso in Eigenverantwortung geleitet wird unsere Spielerei, ein Angebot für diejenigen Kinder, die in der großen Pause eine Rückzugsmöglichkeit brauchen. Entstanden ist sie aus dem Bedürfnis mancher Kinder heraus, sich in der Pausenzeit ruhig zu beschäftigen. Die KSK wurde damit beauftragt, hierfür ein alternatives Pausenkonzept zu entwickeln. In Absprache mit dem Personal der Nachmittagsbetreuung konnte zweimal pro Woche ein Raum zur Verfügung gestellt werden, in dem sich jeweils ein Kind aus jeder Lerngruppe zum gemeinsamen Spielen einfinden darf. Dafür geeignete Spiele wurden auf Vorschlag der KSK über den Förderverein angeschafft, mit Aufklebern ver­sehen und in einem speziell für die Spielerei vorgesehenen Regal zur Ver­fügung gestellt. Jeweils zwei Kinder der KSK sind autark für das Auf- und Zuschließen des Spielereiraums sowie für die Überwachung der Einhaltung der zuvor erarbeiteten Verhaltensregeln zuständig. Diese Form der Pausen­gestaltung findet großen Anklang und tut den teilnehmenden Kindern gut. Auch die Einrichtung der Spielerei zeigt, dass die aktive Beteiligung unserer Kinder an der Gestaltung des gemeinsamen Schullebens nicht nur eine Form der Wertschätzung und des Vertrauens darstellt, sondern dass aus den Reihen der Kinder wertvolle Ideen entstehen, die den Schulalltag effektiv bereichern und an die speziellen Interessen unserer Kinder anknüpfen.

Zurzeit arbeitet unsere Schule an der Einrichtung eines so genannten Forscherlabors, in dem die Kinder in Zukunft die Möglichkeit erhalten sol­len, naturwissenschaftlich zu arbeiten. Aktuell findet die Ausbildung von Kindern zu Laborleitern statt, die andere dann eigenverantwortlich beim Forschen und Experimentieren unterstützen.

Die zahlreichen Partizipationsmöglichkeiten, die unsere Schule den Kindern anbietet, stellen einen entscheidenden Faktor zur Persönlichkeitsent­wicklung dar. Es ist von großer Bedeutung im Leben eines Kindes, authentische Wertschätzung zu erfahren. Eine Begegnung mit den Kindern auf Augenhöhe, im Sinne der Übertragung von Aufgabenbereichen, die einen wichtigen Beitrag zu einer funktionierenden Schulgemeinschaft im Alltag darstellen und die normalerweise von Erwachsenen ausgeübt werden, ver­mittelt den Kindern, dass sie in hohem Maße ernst genommen werden. Dies führt wiederum dazu, dass die Kinder selbst ein hohes Eigeninteresse an der Mitgestaltung des Schullebens entwickeln und hierdurch unsere Schulkultur maßgeblich mitgestalten.

Hospitationstag. John empfängt die Hospitanten am Schülereingang und stellt sich ihnen als Kinderhausmeister vor. Er geleitet sie in die Aula, die er zuvor gemeinsam mit dem Hausmeister der Schule bestuhlt hat. Nachdem sich alle Gäste dort eingefunden haben, begibt sich John ins Rektorat, um die Schul­leiterin darüber zu informieren.

Wertschätzung durch Möglichkeiten
der Darstellung

Die Grundschule Am Ordensgut bietet ihren Kindern regelmäßig zahlreiche Möglichkeiten, sich auf unterschiedliche Art und Weise zu präsentieren. So können die Ergebnisse individueller Aktivitäten mit der gesamten Schulge­meinschaft bzw. der Öffentlichkeit geteilt werden.

Zweimal im Jahr erscheint der Schülerknaller, eine von Kindern, Lehrkräf­ten und Eltern gemeinsam gestaltete Schülerzeitung.

Als Schule mit einem in Deutschland einzigartigen Musikprojekt „Die Kleinen Streicher“ haben unsere Kinder mehrmals im Jahr die Gelegenheit, sich musikalisch zu präsentieren. Alle Kinder der Schule erlernen vom ersten Schuljahr an entweder Geige oder Cello – ein Kooperationsprojekt mit der Musikschule der Stadt Saarbrücken. Aus der jahrgangshomogenen Unterrich­tung erwächst in jedem Jahr ein Konzert für Eltern und Freunde der Schule, in welchem die Kinder die bisher erlernten musikalischen Fähigkeiten mit großer Freude darbieten.

Darüber hinaus können diejenigen Kinder, die zusätzlich im privaten Bereich ein weiteres Instrument erlernen, ein Musikstück ihrer Wahl bei den alljährlich stattfindenden Schulkonzerten einem großen Publikum vortragen. Auch die schuleigene Rockband nutzt dieses Forum, um die bisher einstu­dierten Songs (teilweise sogar in Kooperation mit unseren Streicherkindern) aufzuführen.

Zu Anlässen wie beispielsweise dem Schulfest, bei der Eröffnung von Konzerten, Begrüßungs- und Verabschiedungsfeiern sowie anderen öffent­lichen Ereignissen sprechen an unserer Schule oftmals nicht nur Lehrkräfte und Eltern. Auch hier wird ein Teil der Verantwortung in die Hände unserer Kinder gelegt, die als souveräne und selbstbewusste Redner*innen auftreten.

Auf unserer Homepage stellen die Lehrkräfte nicht nur Aktivitäten ihrer Lerngruppe dar. Häufig werden hier auch besondere Leistungen einzelner Kinder gewürdigt.

Montags und freitags trifft sich die gesamte Schulgemeinschaft im Plenum. In diesen von uns so genannten Singkreisen, mit denen wir die Schulwoche musikalisch gemeinsam eröffnen und abschließen, besteht für die Kinder ebenfalls die Möglichkeit, besondere Aktivitäten (z. B. einstudierte Gedichte oder Tänze) und Leistungen (z. B. selbst erdachte Spiele) vor allen Kindern der Schule zu präsentieren.

Pädagogischer Tag. Unser Kinderhausmeister ist heute das einzige Kind in der Schule. John hilft auf Anfrage dem Hausmeister beim Befüllen eines Con­tainers mit ausrangiertem Mobiliar, das im Zuge einer Aufräumaktion aussortiert wurde. Zur Belohnung für die freiwillige Unterstützung erhält John von unserem Hausmeister eine lang ersehnte Holzpalette, die er stolz nach Hause schleppt, um diese für den Bau eines Baumhauses zu verwenden.

Individuelle Wertschätzung

Eine tragende Säule des Umgangs unserer Lehrkräfte mit den Kindern besteht in einer wertschätzenden Grundhaltung, die in allen Bereichen unseres päd­agogischen Handelns eine wichtige Rolle spielt. Es ist von entscheidender Bedeutung, den Kindern zu vermitteln, dass sie in allen Anliegen, mögen sie erst noch so unbedeutend scheinen, ernst genommen werden, und ihnen dar­über hinaus das Gefühl zu geben, wichtig und angenommen zu sein. Beson­deren Niederschlag findet diese Form der Wertschätzung in der Konfliktbe­wältigung. Ein bloßer Einsatz negativer pädagogischer Maßnahmen wirkt oft kontraproduktiv und löst Konflikte nie dauerhaft. Vielmehr zahlt es sich aus, Zeit in Gespräche zu investieren und gemeinsam mit den Kindern Wege aus bestehenden Konflikten zu finden. Dadurch stellen sich nach unserer Erfah­rung folgende positive Effekte ein: Die Kinder erleben sich nicht als „Böse­wichte“, sondern erfahren immer wieder durch regelmäßige helfende Unter­stützung, wie sie ihr Verhalten dauerhaft ändern können. Durch die reflektive Auseinandersetzung werden auch das Selbstwertgefühl und Selbstbewusst­sein der Kinder nachhaltig gestärkt.

Neben der Konfliktlösung kommt diese Form der Wertschätzung insbe­sondere durch häufig stattfindende Lerngespräche zum Tragen. Die Kinder werfen in intensivem Austausch mit ihren Lerngruppenleitern einen selbst­einschätzenden Blick auf den eigenen Lernfortschritt, vor allem jedoch auf die eigene Persönlichkeitsentwicklung. Diese spielt ebenfalls eine äußerst bedeu­tende Rolle in den bereits oben erwähnten Singkreisen, im Rahmen derer Kinder durch die Auszeichnung besonders kreativer Ideen oder herausragen der Leistungen vor der gesamten Schulgemeinschaft durch Überreichen des schuleigenen Maskottchens „Ordi“ gewürdigt werden.

SchIussplädoyer

Was hat uns vor vielen Jahren bewegt, Schule neu zu denken, neue Wege zu gehen? Eine gute Schule für alle zu sein, wird nur dann möglich, wenn Kinder sich nicht mehr an das System Schule anpassen, sondern sich Schule umgekehrt auf das sich ständig im Wandel befindende Kindsein einstellt.

Dazu war es notwendig, gewohnte Wege zu verlassen, mit Mut und Aus­dauer tiefgreifende Änderungen herbeizuführen, selbst Bewährtes aufzubre­chen und gänzlich neu zu implementieren. Der wichtigste Schritt bestand in diesem Zusammenhang in der Einführung der Jahrgangsmischung 1–4, die ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb der saarländischen Regelschulen dar­stellt. So ist es aus unserer Sicht gelungen, als Schule nicht nur Lernort, son­dern auch ein Stück weit Heimat zu sein. Die Kinder dürfen erfahren, nicht nur Schulkind, sondern in erster Linie Mensch zu sein, der mit Respekt und Würde in all seiner Einmaligkeit angenommen wird. Vor allem jedoch bil­den wir eine Lebensgemeinschaft, innerhalb derer in jedem Kind das Gefühl wachsen kann, ein wichtiger und wertvoller Teil dieser Gemeinschaft zu sein.

Ausblick: Wer wird der nächste Kinderhausmeister?

Natürlich geht auch die Amtszeit des Kinderhausmeisters irgendwann einmal zu Ende, und ein neuer muss gefunden werden …

John begibt sich mit seinen selbst verfassten Flyern durch alle Lerngruppen, um für einen Nachfolger zu werben (Abb. 2). Immer wenn ein Kind die Hand hebt, um Interesse zu bekunden, erhält es von John einen dieser Flyer, auf dem die Kriterien für das Amt zu lesen sind.

John hat heute einen wichtigen Termin im Rektorat! Er sitzt gemeinsam mit der Schulleiterin, dem Hausmeister und dem potenziellen Bewerber am runden Tisch. ,,Ich möchte Verantwortung für die Schule übernehmen!“ ent­gegnet Luca auf Johns Frage, warum er sich auf das Amt des Kinderhaus­meisters beworben hat. Die Schulleiterin und der Hausmeister stellen nach einem Blick auf die schriftliche Bewerbung weitere Fragen. Schnell wird deut­lich, dass es sich bei Luca um einen geeigneten Kandidaten handelt, der sich schon darauf freut, nach den Sommerferien der neue Kinderhausmeister der Grundschule Am Ordensgut zu sein.

Webseite der Schule

www.grundschule-am-ordensgut.de

Doris Burkhardt & Volker Geis

Grundschule Am Ordensgut, Saarbrücken (Saarland)

Zitationsempfehlung:

Burkhardt, D./ Geis, V. (2021): Was macht eigentlich ein Kinderhausmeister? In: Carle, U./ Kauder, S./ Osterhues-Bruns, E.-M. Hrsg.): Schulkulturen in Entwicklung. S. 86-97. Frankfurt a. M.: Grundschulverband e.V.

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