LuSh – Ausgabe 11/2021 – Dies und Das – Schutz vor sexuellem Missbrauch – wie Lehrkräfte spielend helfen lernen
Schutz vor sexuellem Missbrauch – wie Lehrkräfte spielend helfen lernen
Mit sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen möchte sich niemand gerne auseinandersetzen. Sie ist jedoch Realität für viele Schülerinnen und Schüler. Daher ist es wichtig, dass gerade Lehrkräfte und andere schulische Fachkräfte im pädagogischen Alltag in der Lage sind, die Signale von betroffenen Kindern und Jugendlichen frühzeitig zu erkennen und zu wissen, wie sie im Verdachtsfall helfen können.
„Schulen haben als Ort von Schutz und Hilfe bei
sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche
eine enorme Bedeutung.“
Zahlen aus Dunkelfeldschätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigen, dass in Deutschland durchschnittlich ein bis zwei Kinder und Jugendliche in jeder Schulklasse von sexueller Gewalt betroffen sind. „Schulen haben als Ort von Schutz und Hilfe bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche eine enorme Bedeutung“, sagt Johannes-Wilhelm Rörig, der Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM). Nirgendwo sonst lassen sich Kinder und Jugendliche im Schulalter besser erreichen. Menschen, die an Schulen tätig sind – Klassenlehrer*innen, Sozialarbeiter*innen, Horterzieher*innen, Schulsekretär*innen oder Referendar*innen – können zudem wichtige Vertrauenspersonen für Kinder und Jugendliche sein. „Viele schulische Beschäftigte sind im Umgang mit dem Thema jedoch sehr unsicher“, so Rörig.
Digitales Fortbildungsangebot soll sensibilisieren und Ängste nehmen
Das kostenlose digitale Fortbildungsangebot „Was ist los mit Jaron?“ möchte schulische Beschäftigte unterstützen, Schülerinnen und Schüler besser vor sexueller Gewalt zu schützen. Das „Serious Game“ vermittelt den Teilnehmenden in lebensnahen Situationen aus dem Schulalltag, wie sie mögliche Hinweise auf sexuellen Missbrauch erkennen, bei einem Verdacht handeln und sich Unterstützung suchen können. In ca. vier Stunden vermittelt der Online-Kurs grundlegendes Wissen zum Thema sexueller Kindesmissbrauch, zu Täterstrategien, zur Entkräftung von weit verbreiteten Mythen und zur Rolle von schulischen Beschäftigten beim Kinderschutz. Der Grundkurs verringert eine weit verbreitete Unsicherheit von Lehrkräften im Umgang mit diesem sensiblen Thema. Der Kurs ist eine Kooperation des UBSKM und der Kultusbehörden der Länder im Rahmen der Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“. Er wurde gemeinsam mit Präventionsexpertinnen und -experten entwickelt und vorab in Fokusgruppen und Fortbildungsveranstaltungen einzelner Bundesländer getestet.
Wissen, was zu tun ist
Basiswissen vermitteln, schulisches Personal stärken, konkrete Handlungsoptionen aufzeigen – das sind die Ziele der Fortbildung. Wie wichtig es ist, zu wissen, wie man selbst helfen kann, zeigt der Fall der Betroffenen Lena (Name anonymisiert). Sie war in ihrer Kindheit sexueller Gewalt im familiären Kontext ausgesetzt und sendete damals deutliche Signale an die Menschen in ihrem Umfeld. Trotzdem wurde ihr lange nicht geholfen. „In der 7. Klasse war es meine Klassenlehrerin, der ich mich schließlich anvertraute und die mich unterstützte. Seit diesem Zeitpunkt wurde die Schule für mich zu einem Rückzugsort, um Kraft zu tanken und weiterzumachen.“ Heute arbeitet sie selbst als Erzieherin in einer Kita und weiß, wie wichtig Fortbildungsangebote für Fachkräfte sind – und wie viele pädagogische Fachkräfte noch denken, dass sexueller Missbrauch nur ganz selten vorkommt.
Wer kann teilnehmen?
Das digitale Fortbildungsangebot richtet sich an alle schulischen Beschäftigten. Für Grundschulen steht der Kurs bereits seit Ende Juni 2021 zur Verfügung, für weiterführende Schulen (inkl. Förderschulen) ist der Kurs mittlerweile ebenfalls freigeschaltet. Auf der Website www.was-ist-los-mit-jaron.de kann der Kurs kostenfrei und anonym oder mit Anmeldung durchlaufen werden. Angemeldete Nutzerinnen und Nutzer können die Fortbildung mit jeweiligem Zwischenspeichern individuell unterbrechen und erhalten am Ende eine Teilnahmebescheinigung. Der Kurs wird in allen Ländern als Fortbildung anerkannt.
Weitere Informationen:
Die folgenden Websites bieten Aufklärung und Hilfe zum Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche:
www.schule-gegen-sexuelle-gewalt.de
www.wissen-hilft-schützen.de
www.hilfeportal-missbrauch.de
Friederike Beck, Presse UBSKM