LuSh – Ausgabe 09/2021 – Vorwort – Schulstart ins Ungewisse
Schulstart ins Ungewisse
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
während dieses Vorwort geschrieben wird, befinden wir uns am Ende der Sommerferien. Man möchte so gerne mit neuer Energie und Schwung in das neue Schuljahr starten, so wie wir es von früher kennen. Und sehr gerne würde ich hier über ein anderes Thema schreiben. Doch leider begleiten uns weiterhin Sorgen um die Entwicklung der Coronapandemie. Die Kultusministerkonferenz (KMK) ist überzeugt, dass es im neuen Schuljahr trotz der andauernden Corona-Pandemie nicht mehr zu flächendeckenden Schulschließungen kommt. Niemand von uns Lehrkräften wünscht sich das, denn alle waren froh, als vor den Sommerferien wieder Unterricht in Präsenzform stattfinden konnte. Aber es gilt nach wie vor: Der Gesundheitsschutz geht vor! Es werden weiterhin Maßnahmen notwendig sein, um einen möglichst großen Infektionsschutz zu gewährleisten. Zum aktuellen Zeitpunkt, zwei Wochen vor dem Schulstart, ist uns nicht bekannt, wie diese aussehen werden. Wir halten folgende Maßnahmen für erforderlich:
- Maskenpflicht: Sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch für Lehrkräfte ist das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung unangenehm, aber sie bietet einen gewissen Schutz in Klassenräumen mit bis zu 30 Personen. Eine Begrenzung des Tragens auf die ersten beiden Wochen greift viel zu kurz.
- Testungen: Ebenso dürfen die regelmäßigen Tests in Schulen nicht nur auf die ersten beiden Schulwochen begrenzt werden. Es geht ja nicht nur um die Kontrolle der Infektionseinschleppung durch Reiserückkehrer, sondern auch generell um die Eindämmung der vierten Welle, die erst im Herbst ihren Höhepunkt erreichen wird. Die Qualität der Tests muss gesteigert werden, indem möglichst PCR-Testungen durchgeführt werden, wie es in einigen anderen Bundesländern gemacht wird. Die bisher eingesetzten Antigen-Schnelltests erweisen sich nach Ansicht vieler Experten als zu unzuverlässig.
- Lüften der Klassenräume: Im Herbst und Winter werden wir sehr wahrscheinlich die gleiche Situation erleben wie im letzten Jahr: frierende Schülerinnen und Schüler, schlotternde Kolleginnen und Kollegen, weil regelmäßig gelüftet werden muss. Um die Lüftungsgeräte gibt es viele Diskussionen. Wir können nicht beurteilen, ob sie wirklich helfen oder nicht, aber wir erwarten von der Politik Lösungen, die uns in den Klassenräumen weiterhelfen. In unserem Technologieland sollte für die Verantwortlichen die Entwicklung von Lösungen ganz oben auf der Agenda stehen, aber man hat nicht den Eindruck, dass sich hier etwas tut. Wir werden also weiterhin in der kalten Luft sitzen gelassen.
- Impfungen: Glücklicherweise konnten die meisten Lehrkräfte geimpft werden. Einen vollständigen Schutz kann eine Impfung leider nicht bieten, zumal es bei der Delta-Variante auch zu Impfdurchbrüchen kommen kann. Um die Impfung von Kindern und Jugendlichen gibt es viele Debatten. Es ist nicht die Aufgabe eines Lehrerverbandes, hier Forderungen aufzustellen, aber wir möchten darauf hinweisen, dass es auch nicht Aufgabe von Schulen sein kann, Impfungen zu organisieren. Es gibt Überlegungen, dass Impfungen von Schülerinnen und Schülern in Schulen angeboten werden sollen. In einigen anderen Bundesländern werden solche Pläne schon umgesetzt. Wir lehnen es ab, dass Schulleitungen und Lehrkräfte an der Planung und Organisation von Impfungen beteiligt werden.
- Schulschließungen: In den letzten anderthalb Jahren haben wir Schulschließungen erleben müssen, was für alle Beteiligte äußerst schwierig war. Aber durch das Infektionsgeschehen waren sie notwendig. Eine zentrale Frage hierbei war und ist, welche Rolle Schulen im Infektionsgeschehen spielen. Die Kultusministerkonferenz hatte zu Beginn des zweiten Lockdowns Ende 2020 eine Studie in Auftrag gegeben. Erste Ergebnisse lagen bereits nach wenigen Wochen vor – wurden aber nie veröffentlicht, mit dem Verweis, es handele sich nur um Zwischenergebnisse. Schließlich hat die KMK die Berichte von Januar 2021 und März 2021 doch veröffentlicht. Darin kommen die Expertinnen und Experten der Universität Köln und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung zu dem Schluss, „dass Schulschließungen effektive Instrumente zur Eindämmung der Epidemie sind, allerdings nicht als Einzelmaßnahme“. Wir hoffen sehr, dass es nicht zu weiteren Schulschließungen kommen wird, aber angesichts der Pandemieentwicklung sollte die KMK mit Versprechungen zurückhaltender sein. Die Enttäuschungen und den Ärger der Eltern müssen nämlich die Schulleitungen und Lehrkräfte aushalten.
Es wird ein herausfordernder Schulstart in das Schuljahr 2021–22 werden und es wird wieder kein leichtes Schuljahr werden. Viel Kraft und Durchhaltevermögen wünscht Ihnen
mit kollegialen Grüßen
Michaela Günther