Lush – Ausgabe – 07-08/22
Carpe diem?
Als ich dieses Vorwort verfasst habe, befand ich mich, wie viele von Ihnen, in einer der immer wiederkehrenden aufreibenden Phase von Korrekturen und schriftlichen und mündlichen Abschlussprüfungen. Hier gibt es fächer- und ausbildungsbedingte Unterschiede. Aber wir sind uns einig, vieles sieht ein Außenstehender kaum. Da ist der Spruch: „… du hast Pfingstferien und bewegliche Ferientage nach dem Feiertag, so gut möchte ich es auch haben …“, zugleich beschweren sich Kolleginnen und Kollegen, dass sie für die Korrektur der schriftlichen MBA Prüfungen zu wenig Zeit haben, bei laufendem Alltagsgeschäft. Gleiches gilt für das schriftliche Abitur. Ein Teil der Lehrkräfte hat wirklich eine Verschnaufpause, während andere für sich den Druck herausnehmen und in der unterrichtsfreien Zeit korrigieren oder sich an die Ausarbeitung der Abiturvorschläge für das kommende Jahr setzen. Diese Aufgabe trifft seit Jahren viele Mitglieder der unterschiedlichsten Fachkonferenzen an einer Vielzahl von Schulen mit Oberstufeneinsatz. – Warum erwähne ich das? Weil wir fortwährend mit einer Vielzahl von Aufgaben konfrontiert sind. Die Politik sieht dies zum Teil auch endlich ein, Verbände warnen vor Selbstausbeutung. Mit dem Hinweis auf Finanzen wird aber jeglicher Verbesserungswunsch im Keim erstickt!
Eine repräsentative Umfrage der Robert Bosch Stiftung zeigt eine alarmierend hohe Arbeitsbelastung bei Lehrkräften. Sie wurde im April dieses Jahres durchgeführt. Die Ergebnisse der vierten repräsentativen Befragung des Deutschen Schulbarometers zeigen, dass eine überwältigende Mehrheit von 92 Prozent ihr Kollegium als derzeit stark oder sehr stark belastet ansieht und dasselbe sagen 84 Prozent von sich selbst. „Für über drei Viertel der Lehrkräfte ist Wochenendarbeit die Regel und für die Mehrheit eine Erholung in der Freizeit kaum noch möglich.
Die hohe Arbeitsbelastung bleibt nicht ohne Folgen: Mehr als die Hälfte der Lehrkräfte leidet (sehr) häufig unter körperlicher Erschöpfung und Müdigkeit. Knapp jede zweite Lehrkraft ist außerdem von innerer Unruhe und Nackenschmerzen betroffen, ein Drittel leidet unter Schlafstörungen“ (Deutsches Schulportal 2022, S.11–15). Immer mehr Kolleginnen und Kollegen sehen in der Reduzierung ihrer Arbeitszeit einen letzten Ausweg oder es kommt zu höheren Krankenständen. In beiden Fällen erhöht sich zwangsläufig die Arbeitsbelastung der verbleibenden Lehrkräfte und gefährdet deren Gesundheit. Ein Teufelskreis!
Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), kommentiert dies wie folgt: … „die dramatische Überlastung von Lehrkräften … ist zu einem enormen Risiko geworden – für die Lehrkräfte selbst und für die Zukunft funktionierender Schulen insgesamt“ (VBE Pressedienst, Berlin 9. Juni 2022). Auch der SLLV fordert massive Investitionen im Bildungssektor und blickt gespannt auf die anstehenden Haushaltsgespräche.
Aber fangen wir bei uns selbst an: Wenn Sie diese Ausgabe der Verbandszeitung in den Händen halten, liegen hoffentlich nur noch wenige Schulwochen mit Zeugniskonferenzen, Schulfesten u. a. vor Ihnen.
Kommen Sie zur Ruhe, genießen Sie die freiere Zeiteinteilung, Zeit für Familie und Freunde.
Ich wünsche Ihnen viele schöne entspannte Sommertage.
Mit kollegialen Grüßen
Elke Boudier
(stellvertretende Landesvorsitzende)