LuSh – Ausgabe 05/2021 – Dies und Das – Gute Schulen brauchen gesunde Lehrkräfte – Bewegung hilft!
Gute Schulen brauchen gesunde Lehrkräfte – Bewegung hilft!
Die Zahlen zur Lehrergesundheit sind alarmierend. Etwa jede dritte Lehrkraft fühlt sich überlastet – und das nicht erst in der Corona-Pandemie. In der Tat zeigen verschiedene Studien, dass 10 bis 30 Prozent der Lehrkräfte unter einer Erschöpfungssymptomatik leiden. Das sind besorgniserregende Zahlen zur Lehrergesundheit. Sie hängen mit der hohen Belastungssituation zusammen. Diese lässt sich nicht monokausal erklären. Da kommen mehrere Dinge zusammen.
Die Corona-Pandemie verlangt von Lehrerinnen und Lehrern übermäßiges Engagement, und das bereits seit vielen Monaten. Ständig neue Verordnungen, Personalmangel, Sorge vor erneuten Schulschließungen oder Angst vor einer Ansteckung, in Coronazeiten sind Lehrerinnen und Lehrer besonderen und zusätzlichen Belastungen ausgesetzt. Allein die sich ständig ändernden Hygieneregeln bedeuten einen immer wieder neuen Organisationsaufwand und eine Umstellung der Unterrichtsmethoden. Viele Lehrkräfte fühlen sich bei der Gestaltung des Unterrichts unter Pandemiebedingungen auch alleingelassen.
Gerade die Zeit der Schulschließungen wirkt sich belastend aus. Lehrkräfte konnten auf wichtige Ressourcen – eine hohe positive Interaktion mit den Schülerinnen und Schülern und einen positiven Rückhalt durch das Kollegium und die Schulleitung – in der Zeit der Schulschließungen weniger zurückgreifen. Hinzu kam die Unzufriedenheit mit den geringen digitalen Möglichkeiten an den Schulen. Für viele Lehrkräfte war es sehr schwierig, die Situation des Fernunterrichts zu bewältigen.
Die meisten von uns wissen, dass körperliche Aktivität/Bewegung „guttut“ und dass man sich danach „besser fühlt“, wieder belastbarer ist und Probleme eher lösen kann. Es ist bekannt, dass körperliche Aktivitäten und Bewegung den Serotonin-, Noradrenalin- und Dopaminspiegel erhöhen, wichtige Neurotransmitter, die bei unseren Gedanken und Gefühlen eine wichtige Rolle spielen.
In „Coronazeiten“ das Richtige tun …
Wer sich regelmäßig bewegt, unterstützt sein Herz-Kreislauf-System, führt seinem Gehirn mehr Sauerstoff zu, hält seinen Blutdruck stabil, ist belastbarer und baut Stresshormone ab. Es gibt immer Möglichkeiten, gesundheitsfördernde Maßnahmen „in Form von mehr Bewegung“ auch im Schulalltag einzusetzen. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit möglichen Präventionsmaßnahmen zur Lehrergesundheit und nennt Beispiele, die im ganz normalen Schulalltag und/oder im Homeoffice eingesetzt bzw. umgesetzt werden können.
Mehr Bewegung in den Alltag integrieren …
- Sich morgens beim Zähneputzen und/oder beim Kaffeetrinken auf ein Bein stellen;
- nach dem „Waschen“ das Handtuch mit beiden Händen über Kopf auf Spannung halten und im Wechsel nach links und rechts führen (seitliche Dehnung spüren);
- jede Treppe „annehmen“, d. h. Treppen steigen, anstatt den Lift zu nehmen;
- an der Bushaltestelle das Gewicht auf ein Bein verlagern und das andere Bein leicht anheben;
- beim Telefonieren nicht sitzen bleiben, sondern das Telefonat im Stehen oder im Gehen erledigen;
- in der Schule die Sitzposition möglichst oft verändern, z. B. sich seitlich auf den Stuhl setzen oder sich verkehrt herum auf den Stuhl setzen und dabei die Unterarme auf der Lehne abstützen;
- einseitiges und statisches Sitzen häufig unterbrechen, gut lüften und Pausen mit sofort umsetzbaren Übungen einplanen;
- zu Hause oder im Klassenraum: sich mit den Händen auf der Stuhllehne abstützen und die Fersen anheben (in den Ballenstand kommen), einen kurzen Moment so bleiben, dann wieder absenken und erneut ausführen;
- kurze Laufwege schaffen, z. B. aufstehen, um etwas in den Papierkorb zu werfen, oder den fragenden Schüler an seinem Pult aufsuchen;
- verschiedene Positionen während des Unterrichts einnehmen, z. B. sich mit dem Rücken an die Wand lehnen, sich seitlich auf den Stuhl setzen, sich an die Fensterbank anlehnen;
- den Drucker an einem anderen Ort aufstellen, damit man immer einige Schritte gehen muss;
- zu Hause oder im Klassenzimmer: seitlich zum Pult stehen und zunächst mit einer Hand abstützen, das innere Bein etwas vom Boden abheben und dann die Hand vom Tisch lösen, einen Moment so bleiben, dann wieder in die Ausgangsstellung zurückkommen und mit dem äußeren Bein üben.
Aktiv-dynamisches Sitzen – Sitzpositionen verändern – auch im „Homeoffice“
- Verschiedene Sitzpositionen einnehmen – abwechslungsreich sitzen;
- mal im Reitersitz, mal seitlich, mal nach vorn gebeugt (Kutschersitz);
- mal nach hinten gelehnt, aber auch mal „lümmelnd“ mit angezogenen oder gestreckten Beinen.
Momentaufnahme der Sitzhaltung vornehmen – „sich bewusst machen“
- Überprüfe deine Kopfhaltung.
- Wie aufrecht ist deine Wirbelsäule?
- In welcher Stellung befinden sich deine Schultern?
- Spürst du, womit dein Po auf der Sitzfläche sitzt?
- In welcher Stellung befinden sich Beine und Füße?
- Spürst du Spannungen? Ist etwas unangenehm?
- Achte auf deine Atmung usw.
„Kleine Pausen mit großer Wirkung“ – in der Schule und im „Homeoffice“
- Kurze Auflockerungs- und Entspannungsphasen nach konzentrierten Unterrichtsabschnitten und im Homeoffice einfügen, Dauer ca. 5–7 Minuten;
- dienen als Ausgleich und als Stress-/Spannungsabbau nach längeren Sitzphasen;
- sorgen für die Wiederherstellung der Aufmerksamkeit und Konzentration.
„Fingergymnastik“ jederzeit und überall umsetzbar
- Stand oder Sitz: Arme leicht anwinkeln und beide Hände mit gestreckten Fingern aneinanderlegen. Nun beide Hände im Wechsel falten, sodass zunächst der linke Daumen und danach der rechte Daumen oben liegt. Anschließend die Hände wieder lösen und beide Handflächen aneinanderlegen. 5 bis 7 Mal. Hinweise: Die einzelnen Phasen ruhig und nicht hektisch nacheinander ausführen. Wenn die Hände zwischendurch flach aufeinanderliegen, haben sie vollen Kontakt.
- Im Stand die Fingerkuppen beider Hände locker aneinanderlegen, sodass zwischen den Fingern eine etwa ovale Öffnung entsteht. Nun die Finger strecken und den Druck auf die Fingerkuppen verstärken, sodass die Finger zu einem „Spitzdach“ werden. Hierbei berühren sich nicht nur die Fingerkuppen, sondern auch die oberen Fingerglieder. Einen Moment in dieser Position bleiben, bis drei zählen, dann lösen und wieder in die Ausgangsstellung zurückkommen. 5 Mal. Hinweise: Den Wechsel zwischen Spannung und Entspannung deutlich spüren und sich bewusst machen.
- Die Unterarme und Hände liegen flach auf dem Pult. Nacheinander die Finger einzeln anheben und 2 Mal auf den Tisch klopfen. Mit dem Daumen beginnen. Zunächst mit der rechten Hand, anschließend auch mit der linken Hand üben. Mit jeder Hand 3 bis 5 Mal und immer wieder von vorn mit dem Daumen beginnen. Hinweise: Jeder Finger muss deutlich 2 Mal auf den Tisch klopfen, erst dann kommt der nächste Finger dran.
- Im Stand oder Sitz: Die Fingerspitzen der Reihe nach gegen den Daumen tippen. Mit dem Zeigefinger beginnen, anschließend wieder zurück. Erst mit der rechten Hand, dann mit der linken Hand und schließlich mit beiden Händen zusammen. 3 Mal mit jeder Hand, danach mit beiden Händen 3 Mal hin und zurück. Hinweise: Jeder Finger muss mit dem Daumen voll Kontakt aufnehmen.
Atmung intensivieren zu Hause und im Homeoffice
Atmen heißt immer, Sauerstoff aufzunehmen und verbrauchte Luft abzugeben. Wichtig ist, dass die Ausatmung immer länger als die Einatmung sein sollte. Eine aufrechte Haltung sorgt dafür, dass eine tiefe und intensive Atmung möglich wird.
„Lippenbremse“: Aufrecht auf dem vorderen Drittel des Stuhls sitzen und beide Hände auf den Bauch legen. Durch die Nase wie gewohnt einatmen. Anschließend durch den Mund mit nur leicht geöffneten Lippen ausatmen. Diese sog. „Lippenbremse“ führt zu einer verlängerten und intensiveren Ausatmung, anschließend kann auch wieder mehr Sauerstoff aufgenommen werden.
Buch über Kopf: Aufrecht auf dem Stuhl sitzen und ein Buch zwischen die Hände nehmen. Beim Einatmen das Buch mit fast gestreckten Armen über den Kopf in die Hochhalte führen. Danach langsam mit „Lippenbremse“ ausatmen und das Buch auf den Oberschenkeln ablegen.
Über Kreuz: Mit den Händen auf der Sitzfläche des Stuhls abstützen (Blick geht zu den Händen). Nun den rechten Arm und das linke Bein gleichzeitig anheben und fast bis zur Waagerechten führen und dabei einatmen. Anschließend wieder in die Ausgangsstellung zurückkommen und zur anderen Seite üben. Jede Seite 3 bis 5 Mal.
Bewegung an und mit Stühlen/Tischen
- Sitz auf dem vorderen Drittel des Stuhls: Die Hände verschränken und mit ausgedrehten Armen nach oben über Kopf strecken – „die Decke hochdrücken“. Anschließend den Oberkörper nach vorne führen und die Arme absenken, bis die Handrücken den Boden berühren, dabei ausatmen. Einen Moment in dieser Position bleiben, dann die Übung von vorn beginnen. 5 bis 7 Mal. Kopf nicht ins Genick nehmen!
- Aufstehen und sich hinter den Stuhl stellen: Mit leichter Vorlage an der Stuhllehne festhalten und im ständigen Wechsel Schluss- und Grätschsprünge ausführen. 5 bis 10 Mal.
- Stand vor dem Stuhl: Mit den Händen über Kreuz auf die Schultern klatschen (rechte Hand auf die linke Schulter, linke Hand auf die rechte Schulter). Danach den rechten Fuß auf die Sitzfläche stellen und mit beiden Händen unter dem Bein in die Hände klatschen. Anschließend gegengleich üben. 5 bis 7 Mal zu jeder Seite. Hinweise: Das Absetzen des Fußes und der Handklatsch über Kreuz erfolgen fast gleichzeitig.
Auch das ist möglich im Homeoffice …
- Kniebeuge: Füße hüftbreit aufsetzen und die Knie langsam mit geradem Rücken beugen, bis die Oberschenkel fast die Waagerechte erreicht haben. Danach wieder langsam in die Ausgangsstellung zurückkommen. 5 bis 7 Mal. Hinweise: Füße haben bei der Ausführung immer vollen Bodenkontakt.
- Liegestütz: Mit den Händen schulterbreit an der Tischplatte abstützen, die Finger zeigen dabei nach vorn, die Arme beugen – der Blick geht nach unten –, anschließend die Arme wieder strecken. 7 bis 10 Mal. Hinweise: Während der Übung immer die Körperspannung halten. Kein Hohlkreuz!
- Dehnen: Im Grätschstand, rechte Hand an der Hüfte abstützen, den Oberkörper nach rechts neigen und gleichzeitig den linken Arm diagonal zur Decke ziehen. Wechseln der Seite. Zu jeder Seite 3 bis 5 Mal. Variation: Die rechte Hand fasst das linke Handgelenk und verstärkt den Zug.
Für Geübte
- Unterarmliegestütz: Der ganze Körper wird mit den Unterarmen und den Füßen abgestützt (Ganzkörperspannung). Der Körper bildet eine gerade Linie, der Blick geht zum Boden (zum Buch), der Kopf bleibt in Verlängerung der Wirbelsäule.
Rudi Lütgeharm, Sportpädagoge