LuSh – Ausgabe 05-06/2023 – Mila, der Schulhund
Mila, der Schulhund
Schulhunde kommen mittlerweile in vielen Schulen zum Einsatz. Seit ein paar Jahren jetzt auch im Saarland. Aber der Titel Schulhund beinhaltet so viel mehr, als nur den eigenen Hund in die Schule mitzunehmen.
Ich möchten Ihnen mit diesem Artikel einen kleinen Einblick in die Ausbildung und Führung eines Schulhundes im Saarland, am Beispiel der Berner Sennenhündin Mila, geben.
Zunächst ein paar Hintergründe:
Die IAHAIO (International Association of Human-Animal Interaction Organizations) stellte in ihrem „White Paper“ im Jahr 2014 Definitionen sowie Richtlinien für tiergestützte Interventionen vor. Diesen kann man sich uneingeschränkt anschließen. Zur tiergestützten Pädagogik (TGP) wird dort folgende Definition empfohlen:
„(…) ist eine zielgerichtete, geplante und strukturierte Intervention, die von professionellen Pädagogen oder gleich qualifizierten Personen angeleitet und/oder durchgeführt wird. (…) Der Fokus der Aktivitäten liegt auf akademischen Zielen, auf provozieren Fertigkeiten und kognitiven Funktionen. Fortschritte der Schüler werden gemessen und dokumentiert. (…) Die Fachkraft, welche die TGP durchführt, (…) muss adäquate Kenntnisse über das Verhalten, die Bedürfnisse, die Gesundheit und die Indikatoren / die Regulation von Stress der beteiligten Tiere besitzen.“ (tiergestützte, 1-2016, 32 f.)
Kinder mit Lernproblemen stellen im Umgang mit Tieren möglicherweise Stärken unter Beweis, korrigieren über eine besondere Zuneigung zu den Lebewesen ihr Selbstbildnis, gewinnen neues Selbstvertrauen und gehen vielleicht wieder lieber in die Schule (vgl. Müller-Zastrau, 2005, S. 71).
Die Fördermöglichkeiten im Unterricht sind genauso vielfältig wie die Kompetenzen, die die Kinder in der Schule erwerben sollen. Angefangen bei den sozialen Kompetenzen wie Empathie und Verantwortungsbewusstsein, können auch kognitive Lerninhalte mit dem Schulhund interessanter und motivierender gestaltet werden. Förderung sprachlicher und mathematischer Kompetenzen ist genauso möglich wie die Förderung nonverbaler Kommunikation, Interaktion und motorischer Kompetenzen. Aber auch der hygienische Umgang mit Tieren gehört im Unterricht mit Hund dazu.
Die Qualifizierung eines Schulhundteams beginnt, bereits lange vor dem ersten Einsatz des Hundes in der Schule, mit dem Genehmigungsprozess. Ein grundsätzliches Einverständnis der Schulleitung sollte zu Beginn vorliegen.
Im nächsten Schritt muss der Hund zu einer Eignungsprüfung vorgestellt werden. Dies ist bereits ein Element der Ausbildung und wird von professionellen Trainern der Hundeschule durchgeführt (s. u.). Hier werden verschiedene Aspekte des Hundewesens überprüft und Wesenseigenschaften getestet.
Dabei ist die Bindung des Hundes zum Hundeführer schon ein wesentlicher Aspekt, der Hund sollte menschenaffin und gut sozialisiert sein. Er muss sich sozialverträglich gegenüber Menschen zeigen und Interesse an Kindern zeigen. Danach folgt der nächste Schritt im Genehmigungsprozess, die Schul- und Gesamtkonferenzen müssen der Ausbildung und dem Einsatz des Hundes zustimmen.
Die Hunderasse, die Größe, das Alter und die Länge des Fells spielen nur eine untergeordnete Rolle. Er sollte ein ruhiges Wesen haben, Aufmerksamkeit und Interesse an seiner Umgebung zeigen, sich gerne anfassen, streicheln und füttern lassen und Freude am Spiel haben. Der Hund sollte nicht nur gerne mit seinem Besitzer spielen und Kommandos von ihm ausführen, sondern ebenso mit den Kindern. Außerdem wird überprüft, wie der Hund auf neue, unbekannte Reize reagiert und ob er diese Impulse neugierig, interessiert und stressfrei aushält. Eine ganz wichtige Grundlage der tiergestützten Arbeit ist die Freude des Hundes an seiner Arbeit. Deshalb muss berücksichtigt werden, dass jeder Hund individuell verschieden ist und deshalb die Kenntnisse des Hundes zwar auf den Einsatz in der Pädagogik zugeschnitten sein sollten, sich jedoch an den Interessen und Vorlieben des Hundes orientieren müssen.
Dann kann man in die Ausbildung des Mensch-Hund-Teams starten. Bei der Ausbildung werden Hund und Hundeführer in Theorie und Praxis geschult. Ein Erste-Hilfe-Kurs am Hund gehört genauso zur Ausbildung wie das sichere Erkennen von Stresssignalen beim Hund. Der Hund erlernt während der Ausbildung Kommandos wie das Apportieren, Anstupsen mit der Nase, Berühren und Betätigen von Gegenständen mit der Pfote und Ziehen von Tüchern oder Bändern. Welche Einsatzmöglichkeiten es dafür gibt, stelle ich im Folgenden noch dar.
Der praktische Einsatz des Hundes muss mit den Schülern vorbereitet und organisiert werden. Zunächst müssen Verhaltensregeln im Umgang mit dem Hund erarbeitet und geübt werden. Diese erarbeiteten Regeln werden im gesamten Schulhaus visualisiert. Beim ersten Kennenlernen sollten die Schüler schon ruhig und neugierig sein. Erste kleine Spiele mit dem Hund zum Vertrauensaufbau können gespielt werden. Danach kann der Hund im Unterricht anwesend sein und im gezielten Einsatz mit den Kindern arbeiten.
Die Berner Sennenhündin Mila ist seit 2019 an der Grundschule Blieskastel Kirchberg-Schlossberg im Einsatz. Sie bewies schon früh, dass sie sich in der Schule uneingeschränkt wohlfühlt und Kinder mag. Außerdem bringt sie ein hohes Maß an Stressresistenz mit. Ihre Ausbildung machte sie in der Hundeschule Discovery Dog (siehe QR-Code) in Zusammenarbeit mit dem LPM.
Nach wenigen Tagen in der Schule, noch während der Ausbildung, begann der Corona-Lockdown. Aber auch schon da zeigte sich, dass ein Schulhund, auch ohne direkten Kontakt, sogar im Distanzunterricht motivationssteigernd wirken kann. Mit großer Freude schrieben die Kinder lange Briefe an ihre Schulhündin, rechneten mit ihr Aufgaben des kleinen Einmaleins und beobachteten Körpersprache und Kommunikation, alles über das Kommunikationsmittel Computer.
Als nach dem strengen Lockdown sowohl die Kinder als auch die Schulhunde endlich wieder in die Schule durften, lernte die Klasse zusammen mit ihrem Schulhund. Schon von Anfang an zeigte sich, dass auch der trockene Lernstoff interessant wird, wenn Mila die Aufgaben stellt. Die doch recht komplexen Abläufe bei den Kommandos, sowohl verbal als auch nonverbal, fordern den Schülern ein hohes Maß an Konzentration ab. Handlungsketten müssen eingehalten werden und die Kommandos müssen deutlich und selbstbewusst ausgesprochen werden. Mila wird morgens von den Kindern begrüßt, bekommt Briefe, Bilder und Schmuck gebastelt. Mit großer Freude lesen die Kinder ihr vor und Mila hört ihnen auch besonders gerne zu. An Geburtstagen der Kinder bekommt auch Mila oft eine Kleinigkeit mitgebracht, sie gehört zur Klasse dazu. Den größten Vorteil bringt Mila in ungeliebte Aufgaben, wie zum Beispiel das Üben des kleinen Einmaleins. Wenn Mila die Aufgaben stellt, möchte jeder mit ihr arbeiten und lernen. Oder, wie auf dem Bild auf Seite 7 rechts zu sehen, das Thema Längen: Mila wird vermessen, um zu wissen, wie groß die Hundehütte sein muss. So werden die Inhalte des Unterrichts spielerisch und motivierend in den Alltag übertragen. Außerdem fungiert Mila immer wieder als Seelentröster, ihr erzählt man seine Probleme viel lieber, sie hört zu, lacht nicht aus, wertet nicht!
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen! 🙂