Deutsches Schulbarometer 2024: Überforderung, Gewalt und Bildungsungerechtigkeit – wann wacht die Politik endlich auf?
SLLV Pressemitteilung vom 26. April 2024
Deutsches Schulbarometer 2024: Überforderung, Gewalt und Bildungsungerechtigkeit – wann wacht die Politik endlich auf?
Das Deutsche Schulbarometer 2024 belegt wieder einmal, was Lehrkräfte seit langer Zeit predigen. Lisa Brausch, Vorsitzende des Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (SLLV) sagt dazu: „Die Lehrkräfte stehen unter einem enormen Druck. Die Herausforderungen sind riesig. Es geht um die Bildung, die letztendlich unter den Bedingungen leidet. Zudem geht es auch um die Zukunft unserer Gesellschaft. Die Politik muss jetzt endlich Verantwortung übernehmen, statt immer wieder routiniert zu beschönigen.“
Heterogenität und Inklusion
Immer wieder müssen Lehrkräfte an den Schulen mit viel zu knappen Ressourcen jonglieren und oft genug geht dies auf Kosten der Kinder und Jugendlichen. Damit muss Schluss sein! „Schulen brauchen die Inklusion und die individuelle Förderung, das steht außer Frage“, erklärt Lisa Brausch.
Für 45 Prozent der befragten Grundschullehrkräfte jedoch ist die Heterogenität der Klassen die größte tägliche Herausforderung. Und 51 Prozent sehen weiterhin den Personalmangel als größtes Problem. 77 Prozent sagen, dass Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen in einer inklusiven Beschulung nicht die benötigte Unterstützung erhalten. Diese Zahlen kann und darf man nicht relativieren und schon gar nicht einfach hinnehmen. In unserer Vielfaltsgesellschaft muss Heterogenität wertgeschätzt werden. Dafür fehlt den Lehrerinnen und Lehrern aber Personal und Zeit. Es fehlt an Differenzierung und individueller Förderung und es fehlt an wirklichen multiprofessionellen Teams, die genau das unterstützen!
Gewalt an Schulen
Das Verhalten vieler Schülerinnen und Schüler fordert die Lehrkräfte zunehmend heraus, denn immer mehr Kinder sind mit den Herausforderungen in ihrer Familie und in der Gesellschaft überfordert und kanalisieren ihre Ohnmacht in aggressives an ihrer Schule Probleme mit psychischer und/oder physischer Gewalt gibt. An Schulen in sozial benachteiligter Lage ist der Anteil sogar noch deutlich höher, nämlich bei 69 Prozent.
Ein gewaltfreies Miteinander ist aber keine Aufgabe der Schule allein, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es braucht Raum für die Thematisierung und Auseinandersetzung mit Konflikten. Empathie, Toleranz, Respekt und Konfliktfähigkeit müssen gelernt werden. Das ist ganzheitliche Bildung und die ist eben mehr als Rechnen und Schreiben. So schön es ist, dass die Basis-Kompetenzen in den Fokus gerückt werden, soziale und emotionale Kompetenzen sind aber mindestens genauso wichtig.
Berufliche Zufriedenheit und Belastungserleben
Der Personalmangel, die Zunahme an Gewalt an Schulen und das Gefühl, den Schülerinnen und Schülern nicht gerecht werden zu können, belastet die Lehrkräfte enorm – und das zeigt sich klar an der emotionalen Erschöpfung insbesondere unter Lehrerinnen und in Grundschulen.
Über ein Drittel aller Befragten fühlt sich mehrmals in der Woche emotional erschöpft. Ein Ergebnis, das endlich wach rütteln sollte. Trotzdem sind die allermeisten Lehrkräfte weiterhin hoch motiviert und geben alles, um bestmögliche Ergebnisse bei ihren Schützlingen, sei es in den Lernerfolgen aber auch in der Entwicklung im sozial-emotionalen Bereich, zu erzielen.
„Statt die Situation weiter klein zu reden, sollte seitens der Politik alles dafür getan werden, den Lehrkräften die notwendige Unterstützung zu bieten und engagierte Lehrkräfte im System zu stärken“, fordert die Landesvorsitzende des SLLV. „Die Gefahr, dass immer mehr von ihnen den Beruf verlassen und der Lehrkräftemangel sich weiter verschärft, ist nicht von der Hand zu weisen. Hier kann nur mit konkreten Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Lehrberufs gegengewirkt werden.“
Lisa Brauschs Fazit fällt so aus: „So wichtig die wissenschaftliche Analyse der Situation auch ist, letztlich zählt, was daraus gemacht wird.“
Die Presseerklärung im PDF-Format: 07_24 Deutsches Schulbarometer 2024 – Überforderung, Gewalt und Bildungsungerechtigkeit