LuSh – Ausgabe 03-04/2024 – RECHT ausführlich – Verhalten bei Fehlzeiten
Verhalten bei Fehlzeiten
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Winterzeit – Erkältungszeit! Und dann auch noch „Faasend“… Da trifft es das eine oder andere Kind auch einmal. Und da stellt sich die Frage der Krankmeldung bei der Schule durch einen Elternteil oder auch durch erwachsene Schüler selbst. Auch aus eigener Erfahrung geht das Thema Krankmeldung und Entschuldigung von Fehlzeiten „kreuz und quer“.
Grundsätzlich besteht aufgrund des Schulpflichtgesetzes (Gesetz Nr. 826 über die Schulpflicht im Saarland vom 11. März 1966, in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. August 1996), wen wundert es: Schulpflicht! Das heißt: Fehlen darf ein Schulpflichtiger nur aus gutem Grund. Hierzu gehört auch Krankheit. Nicht zuletzt will ja auch keiner der gesunden Mitschüler oder auch der Lehrkörper von dem hustenden und schniefenden oder mit Magen-Darm-Erkrankung „gesegneten“ angesteckt werden. Ja – und COVID-19 soll es auch noch geben. Daher besteht auch aus Gründen der allgemeinen Gesundheitsvorsorge in der Schule ein besonderes Interesse, wenn sich erkrankte Schüler zu Hause auskurieren, bevor sie erst daheimbleiben, wenn alle Viren und Bakterien mit großer Akribie verteilt wurden.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen fasse ich hier mit einigen Empfehlungen zusammen. Auf die Besonderheiten bei Abschlussprüfungen und Nachprüfungen gehe ich hier der Übersichtlichkeit halber nicht weiter ein.
Aufschluss über Krankmeldung und Entschuldigung gibt hier das Schulordnungsgesetz – SchoG im Saarland (Gesetz Nr. 812 zur Ordnung des Schulwesens im Saarland vom 5. Mai 1965 in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. August 1996) nicht, jedoch die allgemeine Allgemeine Schulordnung (ASchO) vom 10. November 1975, in ihrer aktuellen Fassung.
§ 8 – Schulversäumnisse
(1) Unbeschadet der Vorschriften über die Schulpflicht muss der Schule ein Fernbleiben schriftlich mitgeteilt und begründet werden (Entschuldigungspflicht). Entschuldigungspflichtig sind bei nicht volljährigen Schülern die Erziehungsberechtigten, soweit nicht für Schüler von Berufsschulen anderes bestimmt ist oder die Schulkonferenz beschlossen hat, dass minderjährige Schüler des Sekundarbereichs II (ab Klasse 11) sich selbst anstelle der Erziehungsberechtigten schriftlich entschuldigen können. Das Recht und die Pflicht der Schule, zu prüfen, ob das Unterrichtsversäumnis zureichend begründet ist, bleibt unberührt (§ 22 Abs. 4 SchumG). Die Entschuldigung kann auch mittels digitalen Dokuments in einer von der Schulaufsichtsbehörde bereitgestellten oder zugelassenen geschützten elektronischen Umgebung erfolgen.
(2) Wenn ein Schüler wegen Krankheit oder wegen sonstiger nicht voraussehbarer, zwingender Gründe nicht am Unterricht teilnehmen kann, so müssen, soweit nicht für Schüler von Berufsschulen nachstehend etwas anderes bestimmt ist, die gemäß Absatz 1 Verpflichteten die Schule hierüber unverzüglich unterrichten. Spätestens bei Rückkehr in die Schule ist eine schriftliche Entschuldigung vorzulegen, aus der Dauer und Grund des Fehlens ersichtlich sind. Die Entschuldigung kann auch mittels digitalen Dokuments in einer von der Schulaufsichtsbehörde bereitgestellten oder zugelassenen geschützten elektronischen Umgebung erfolgen.
(3) Bei Fehlen infolge Krankheit oder bei sonstigen Schulversäumnissen eines Berufsschülers haben die in § 2 dieser Schulordnung Genannten innerhalb einer Woche bei der Schule den Schüler schriftlich krankzumelden bzw. den Grund des Fernbleibens schriftlich mitzuteilen. Die Entschuldigung kann auch mittels digitalen Dokuments in einer von der Schulaufsichtsbehörde bereitgestellten oder zugelassenen geschützten elektronischen Umgebung erfolgen.
(4) In Zweifelsfällen kann der Schulleiter die Vorlage eines ärztlichen oder amtsärztlichen Zeugnisses verlangen, dessen Kosten die zur Vorlage Verpflichteten zu tragen haben. …
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Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 AScho kann daher in begründeten Zweifelsfällen, ob Unterricht aus tatsächlich gesundheitlichen Gründen versäumt wird, von den Eltern ein ärztliches Attest verlangt und in besonderen Fällen ein amtsärztliches Gutachten eingeholt werden.
Es handelt sich um Entscheidungen im Einzelfall, die auch entsprechend begründet werden müssen.
Generelle schulische Regelungen, z. B. dass im Falle eines Unterrichtsversäumnisses aus gesundheitlichen Gründen, bei dem Versäumnis von Klassenarbeiten und Klausuren oder bei einem Versäumnis einer bestimmten Zahl von Tagen stets ein ärztliches Attest vorzulegen ist, sind mangels einer gesetzlichen Regelung unzulässig. Gleiches gilt auch für Regelungen, wie ein Attest ab dem dritten Krankheitstag zu verlangen. Solche generalisierenden Regelungen ermangeln nicht nur der Rechtmäßigkeit, sie stellen auch eine nicht erhebliche und völlig unnötige Belastung für die schon jetzt mit sicherlich ernsteren Fällen völlig überlasteten Kinderarzt- und Hausarztpraxen dar.
Liegen bei einem Schüler ein häufiges mit Krankheit begründetes Fehlen, eine außergewöhnliche Dauer der Krankheit, gehäufte Fehlzeiten bei Klausuren oder Klassenarbeiten sowie Fehlzeiten unmittelbar vor Beginn oder im Anschluss von Ferien vor, so liegt ein begründeter Ausnahmefall vor nach § 8 Abs. 4 Satz AScho und der Schulleiter kann die Vorlage eines ärztlichen oder amtsärztlichen Zeugnisses verlangen, dessen Kosten die zur Vorlage Verpflichteten zu tragen haben.
Ein solches „Können“ des Schulleiters im Sinne der o. g. Vorschrift kann auch bei pflichtgemäßem Ermessen ein „Müssen“ werden, wenn es die Umstände des Einzelfalles gebieten. Hierfür kann es folgende Indizien geben, die ich hier nochmals zusammenfasse:
- Schüler fehlt immer montags und freitags,
- Fehlzeiten unmittelbar vor Beginn oder im Anschluss von Ferien,
- gehäufte Fehlzeiten bei Klausuren oder Klassenarbeiten,
- Eltern oder Schüler sehen Schulpflicht in Äußerungen ohnehin kritisch, wegen angeblich falscher Lerninhalte oder Schulverweigerung genereller Art,
- Eltern gehen mit der Gesundheit der Kinder sehr fahrlässig um und nehmen Erkrankungen nicht ernst oder gehen dem Grund für die häufigen Erkrankungen offensichtlich nicht nach,
- familiäre Probleme, die einen regelmäßigen Schulbesuch vereiteln.
Es gibt sicherlich noch viele Erkenntnisse, die Ihre pädagogischen Alarmglocken läuten lassen. Die Aufzählung ist daher nicht abschließend.
Tipp beim Einfordern eines ärztlichen Attests und bei der Begründung hierfür: Grund ist nicht Ihr Misstrauen gegenüber Eltern und Schülern, sondern Ihre begründete Sorge um die empfindliche Gesundheit des Schülers. Das dürfte die Sache in den allermeisten Fällen vereinfachen und Sie von Empörungsritualen entlasten.
Ihr
Arnold W. Sonntag
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Zur Person:
Arnold W. Sonntag, Jahrgang 1973, seit über 13 Jahren Justiziar im Landesvorstand des dbb saar, nebenberuflich lange Jahre Dozent an der Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, an der Fachhochschule für Verwaltung des Saarlandes, an der Verwaltungsschule des Saarlandes und der dbb akademie. Nebenamtliches Mitglied im saarländischen Landesprüfungsamt für Juristen. Seit 2008 in der Landesverwaltung tätig, davor rund 8 Jahre Rechtsanwalt in einer mittelständischen Kanzlei.