LuSh – Ausgabe 11-12/2023 – Förderschulen: Kaum wahrgenommen, aber dringend gebraucht
Förderschulen laufen oft unter dem Radar und werden in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Gelegentlich werden sie sogar vom eigenen Dienstherrn vergessen. Es ist keine Seltenheit, dass bei Verordnungen, Rundschreiben etc. die Förderschulen mit keinem Wort erwähnt werden. Dies zu monieren war eine der „Lieblingsbeschäftigungen“ der (seit Juli leider ehemaligen) Vorsitzenden des HPR der Förderschulen Michaela Günther.
Dass Förderschulen oft vergessen werden, passiert sicherlich nicht in böser Absicht, sagt aber dennoch einiges aus. Dabei leisten sie einen stillen, dennoch sehr wichtigen Beitrag zu einem funktionierenden Bildungssystem, auch in Zeiten von Inklusion. Diesen Beitrag wird man erst zu schätzen wissen, wenn die Förderschulen nicht mehr funktionieren. Leider sind wir davon nicht mehr weit entfernt. Im Schatten der Dauerbrennerthemen wie G9 & Co schwelt es an den Förderschulen.
Stell dir vor, du kollabierst, aber keiner merkt’s
Sind die Förderschulen emotionale Entwicklung seit jeher überfüllt, stoßen nun auch die Förderschulen geistige Entwicklung sowie körperliche und motorische Entwicklung an ihre Grenzen. Container auf den Pausenhöfen, überfüllte Klassenräume und in andere Schulen ausgelagerte Klassen – das ist die Realität im Jahre 2023. Ähnlich sieht es auch an vielen Förderschulen Lernen aus, obwohl doch die Einführung der Inklusion (Stichwort Prävention) zu sinkenden Schülerzahlen an dieser sehr stiefkindlich behandelten Schulform führen sollte. Leider ist das genaue Gegenteil der Fall: Die Zahlen steigen!
Zwei Systeme und die Abstimmung
mit den Füßen
Entlastung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Das Förderschulwesen hat mit Inklusion und den Förderschulen gleich zwei Systeme zu bedienen, was die angespannte Situation verschärft. Die Rahmenbedingungen im inklusiven Setting lassen es nicht zu, dass die Lehrkräfte bedürftigen Schülerinnen und Schülern gerecht werden. Dies sehen auch die Eltern und entscheiden sich immer häufiger für eine Förderschule als Lernort für ihr Kind. Damit stellt die Inklusion für die Förderschulen keine Entlastung, sondern eine immer größere Belastung dar. Doch was würde dem saarländischen Förderschulwesen helfen? Zuallererst die nötige Aufmerksamkeit in Form von Sensibilisierung der handelnden Akteure für die Problematik.
Michaela Günther und ihr Fußabdruck
Nicht nur deshalb ist es sehr bedauerlich, dass mit Michaela Günther genau die Person ins zweite Glied rückt, die sich seit Jahren kraft ihrer Ämter als Vorsitzende des HPR Förderschulen und als Referentin für Sonderpädagogik im SLLV vehement dafür eingesetzt hat, dass die Förderschulen wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Liebe Michaela, vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen wird noch einmal ganz deutlich, wie wichtig dein Engagement war und ist. Wir können deinen unermüdlichen Einsatz nicht genug wertschätzen.
Ich weiß, wie sehr dich die Metapher mit den Fußstapfen nervt, aber ich kann dir versichern: Als dein Nachfolger im SLLV will ich deine Fußstapfen nicht ausfüllen, sondern meine danebensetzen. Denn was das Förderschulwesen aktuell braucht, sind mehr Fußstapfen, mehr Fürsprecherinnen und Fürsprecher, mehr Aufmerksamkeit. Nur so können wir es schaffen, dass das Förderschulwesen die Achtung und Wertschätzung bekommt, die es dringend benötigt – heute mehr denn je!
Packen wir es an!
Dominik Schwer, Referent für Sonderpädagogik