LuSh – Ausgabe 10/2021 – Aus dem SLLV – 50 Jahre Mitgliedschaft von Lilo Groll – 50 Jahre Verbandshistorie des SLLV
50 Jahre Mitgliedschaft von Lilo Groll –
50 Jahre Verbandshistorie des SLLV
Im Jahr 2020 feierte eine große SLLVlerin ihre 50-jährige Mitgliedschaft: Lilo Groll. Die leidenschaftliche Gewerkschafterin ist seit 1970 Mitglied im SLLV. Als Vorsitzender des Kreisverbandes Saarbrücken ist es mir eine Ehre, auf Ihre Vita und somit auch auf 50 Jahre gelebte Verbandsarbeit zurückblicken zu dürfen. Ihre Ehrung wird in der kommenden Generalversammlung stattfinden.
Lilo Groll wurde am 19. Dezember 1945 in Brake an der Unterweser geboren und feierte zuletzt ihren 75. Geburtstag – Wir berichteten darüber. Nach dem Abitur 1965 und dem Studium an der Pädagogischen Hochschule des Saarlandes legte sie 1968 die 1. Prüfung und 1971 die 2. Prüfung für das Lehramt an Volksschulen ab.
Ihre erste Stelle trat sie 1968 an der Volksschule in Reisbach an und 1972 wurde sie zur Lehrerin an einer Grund- und Hauptschule ernannt. Mit Beginn des Schuljahres 1973/74 wechselte sie an die Turmschule Dudweiler und blieb dort bis zum Erlangen des wohlverdienten Ruhestandes im Jahr 2010. Sie wurde 1997 Ständige Vertreterin des Schulleiters und ab 2005 leitete sie zunächst kommissarisch, dann als Rektorin die Schule.
Lilo Groll lag von Anfang an die Entwicklung der Schule zu einem „Lebens-, Lern- und Erfahrungsraum“ am Herzen, verbunden mit dem Einsatz vielfältiger Unterrichtsmethoden zum selbständigen Lernen sowie zur Förderung des einzelnen Kindes. Aber auch für die stetige Verbesserung der Rahmenbedingungen für den „Arbeitsplatz“ Schule (u. a. Klassengröße, Arbeitszeit, Unterstützungsteams, Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer) engagierte sie sich hartnäckig.
Als ihr damaliger Seminarleiter für Erdkunde und Geschichte, Fred Wecker, zugleich auch stellvertretender Landesvorsitzender des SLLV, sie 1970 fragte, ob sie im Vorstand des Verbandes mitarbeiten könne, lehnte sie zunächst ab, weil sie sich noch auf die 2. Prüfung vorbereiten musste. Die Junglehrerinnen und Junglehrer waren damals verpflichtet, mit Beginn der Einstellung 28 Wochenstunden zu unterrichten. Sie trat aber dem SLLV als Mitglied bei. Bereits 1972 wurde sie in den Landesvorstand und 1973 als Stellvertretende Vorsitzende und Referentin für Bildungspolitik gewählt. Gleichzeitig hatte sie das Frauenreferat inne und war zuständig für die gewerkschaftlichen Fragen der weiblichen Bediensteten bis zu dem Zeitpunkt, als im Saarland das Amt der Frauenbeauftragten geschaffen wurde und deren Wahl sie 1997 mit vorbereitete.
Nach Inkrafttreten des neuen Personalvertretungsgesetzes war Lilo Groll bereits ab 1973 Stellvertretende Vorsitzende des neu gewählten Hauptpersonalrates Grund- und Hauptschulen, seit 1990 Hauptpersonalrat Grundschulen und Studienseminar. Ab 2000 bis zum Ende ihrer Lehrtätigkeit war Lilo Groll dessen Vorsitzende. In diese Zeit der Hauptpersonalratstätigkeit fielen zehn für den SLLV sehr erfolgreiche Wahlen.
Zu ihren Aufgabenbereichen zählten in den ersten Jahren ihrer Vorstandstätigkeit im SLLV die Anliegen der Junglehrer, die Verbindung zur Hochschulgruppe des SLLV an der Universität des Saarlandes und zur Arbeitsgemeinschaft der Junglehrer im Bundesverband VBE, Organisation von Fortbildungsveranstaltungen, Fragen zu Lehrfahrten, Schullandheimaufenthalte und Medien. Einen großen Bereich umfassten vor allem besoldungs- und beamtenrechtliche Angelegenheiten der weiblichen Bediensteten an den damaligen Grund-, Haupt-, Sonder- und Gesamtschulen, insbesondere Benachteiligungen bei Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung. Ebenfalls dazu gehörten die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Beamtenbund Saar und den zur Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Lehrerverbänden des dbb Saar, die Vertretung des SLLV im Frauenreferat des Bundesverbandes VBE und des dbb Bund. Von 1990 an war Lilo Groll für zwei Legislaturperioden Stellvertretende Vorsitzende des dbb Saar. Auf Vorschlag des dbb wurde sie vom Ministerrat als Mitglied in den Landespersonalausschuss berufen, zuständig für grundsätzliche Angelegenheiten des Beamtenrechts. Diesem wichtigen Gremium gehörte sie von 1992 bis 2012 an.
Mit der Änderung der Geschäftsordnung im SLLV-Landesvorstand als Anpassung an die einzelnen Schulformen wurde sie als Referentin für den Elementar- und Primarbereich gewählt. In ihr Ressort fielen:
Allgemeine pädagogische und organisatorische Angelegenheiten des Elementar- und Primarbereiches, Erarbeitung von Anträgen und Stellungnahmen an das Bildungsministerium zur Lehrplan- und Unterrichtsgestaltung, Zeugnis- und Versetzungsordnung, zum Übergang vom Kindergarten zur Grundschule und zum Übergang von der Grundschule zu den Schulen der Sekundarstufe I, zur Klassenbildung, Medienerziehung, zu Problemen von Kindern, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, zu Schulkindergärten, zur Reduzierung von Klassenarbeiten, Lehrerbildung, zu Fremdsprachen in der Grundschule und insbesondere zu den vom Landtag vorgelegten Haushalts- und Stellenplänen, die mit den Landtagsfraktionen intensiv erörtert wurden.
Das wichtigste Ziel für Frau Groll war die Beendigung der Sparmaßnahmen im Schulbereich. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang die Erweiterung der Stundentafel. In den 70er Jahren hatten die Schülerinnen und Schüler im 1. Schuljahr lediglich 19 Wochenstunden Unterricht, auf die Stundentafel der gesamten Grundschulzeit bezogen, ein halbes Jahr weniger Unterricht als die Kinder in Bayern. Ziel musste mindestens die „Volle Halbtagsschule“ mit einem erweiterten Unterrichtsangebot sein: „Mehr Zeit für Kinder, mehr ganzheitliche Erziehung“. Dieses Ziel wurde erreicht.
Ein wichtiges Anliegen war die Reduktion der Klassengrößen. Klassen mit weit über 30 Schülerinnen und Schülern waren die Regel. Auch hier konnten Erfolge erzielt werden. Angesichts der erweiterten Anforderungen, vor allem in Bezug auf die individuelle und integrative Förderung, sind nach ihrer Meinung auch die heutigen Zahlen noch zu hoch. Das Einsetzen für die Reduktion der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtungen der Lehrerinnen und Lehrer, die zeitweilig sogar wieder erhöht wurden, gleicht nach ihrer Ansicht bis zum heutigen Tag einem „Bohren dicker Bretter“. Gegen die Schließung von Grundschulstandorten und die Zusammenlegung von Schulen konnte großer Widerstand organisiert werden. Verwaltungskräfte an Schulen, auch ein wichtiges Anliegen, sind endlich vor Ort, wenn auch an einigen Standorten noch immer nicht ausreichend. Der Studiengang „Didaktik der Primarstufe“ wurde endlich an der Universität des Saarlandes eingerichtet. Seit Schließung der Pädagogischen Hochschule 1978 war dieses Studium im Saarland nicht mehr möglich.
Sie setzte sich ein für eine stärkere Verbindung von Kindergarten und Grundschule und entwickelte hierzu das Modell „Grundschule 1+4“. Eine wichtige Forderung hieß beitragsfreie Kindergärten. Für einige Jahre galt dies tatsächlich für das letzte Kindergartenjahr, wurde aber aus Spargründen wieder zurückgenommen.
Insbesondere durch die Mitarbeit in Kommissionen konnte Lilo Groll die Vorstellungen von einer Grundschule einbringen, in der die ganzheitliche Förderung des Kindes im Mittelpunkt steht. Zur Gestaltung dieser „neu gebildeten Primarstufe“ (vorher Unterstufe der Volksschule) war sie u .a.
- Stellvertretende Vorsitzende der Gesellschaft zur Förderung der erziehungswissenschaftlichen Ausbildung und Forschung e. V. (1981/82)
- Mitglied der Reformkommission des Kultusministeriums zur Erarbeitung der saarländischen „Richtlinien für die Arbeit in der Grundschule“ (1985 bis 1987)
- Mitglied der Kommission des Kultusministeriums zur Einrichtung von Ganztagsgrundschulen (1988)
- Mitglied im Qualitätsbeirat Schule Saar (2005/06)
- Mitglied im Programmbeirat des LPM und ILF
- Mitglied in der Vorbereitungsgruppe „Lehrerbildung im Saarland – Fachtagung für Lehramtsanwärter“ und Leiterin des Arbeitskreises „Die Arbeit mit dem Wochenplan“ (1997)
Um dem pädagogischen Anspruch Nachdruck zu verleihen, initiierte und organisierte sie als Stellvertretende SLLV-Vorsitzende zahlreiche Veranstaltungen, wie z. B.:
- Inhaltliche und organisatorische Vorbereitung und Durchführung von insgesamt acht landesweiten Grundschultagen unter dem Motto „Lebendige Grundschule“ (1981, 1985, 1989, 1993, 1997, 2001, 2005 und 2009) mit bis zu 600 Lehrerinnen und Lehrern. Gerade von den Grundschultagen gingen vielfältige Impulse aus, die die Grundschule dringend benötigte, wie z. B. Stärkung der musisch-ästhetischen Erziehung, Volle Halbtagsschule, Zusammenarbeit von schulischen und außerschulischen Institutionen, Schulentwicklung vor Ort, offene Unterrichtsgestaltung, Verbesserung der Integration behinderter Kinder (heute Inklusion) und gleichwertige Lehrerbildung.
Der Grundschultag 1981 war der 1. Grundschultag überhaupt im Saarland. In Zusammenarbeit mit Institutionen wie Arbeitskreis Grundschule Frankfurt, den Lehrerfortbildungsinstitutionen LPM und ILF, dem Verband der Schulmusiker und namhaften Referentinnen und Referenten auch aus dem Bundesgebiet bot sich in bis zu 20 Arbeitskreisen, mit Ausstellungen und Beiträgen von Schulen für Schulen ein breites, innovatives Spektrum für die Arbeit in der Grundschule.
Inzwischen hat der SLLV bereits zehn Grundschultage durchgeführt.
- Organisation und Leitung eines vom SLLV initiierten landesweiten Wettbewerbs „Schülerfreundliches Klassenzimmer“, den Lilo Groll von 1980 bis 1990 mit einem Team durchführte und an dem über 300 Klassen teilnahmen. In der Zwischenzeit ist es eine Selbstverständlichkeit, Klassenräume kindgerecht und aufgabenbezogen zu gestalten und das nicht nur an der Grundschule.
- Leitung des Redaktionsteams zum Erstellen der Dokumentation „Schülerfreundliches Klassenzimmer“ (1988), die vom Kultusministerium unterstützt wurde.
- Erste Veranstaltung zur Situation „Ausländische Kinder an saarländischen Schulen“ (bereits 1981)
Ab 1992 war Lilo Groll auch Vorsitzende des Arbeitskreises Grundschule e. V. Frankfurt, Landesgruppe Saarland (AKG). Im Rahmen dieser Tätigkeit hat sie sich vor allem für die Verbesserung der 2. Phase der Lehrerbildung und des Übergangs von der Grundschule zu den Schulen der Sekundarstufe I eingesetzt. Die drei Veranstaltungen mit Dokumentationen „Brücken bauen – den Übergang von der Grundschule zu der Sekundarstufe I pädagogisch gestalten“, gemeinsam getragen von Arbeitskreis Grundschule, ILF und LPM, wurden von jeweils 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowohl aus der Grundschule als auch aus den Schulen der Sekundarstufe I besucht.
Darüber hinaus initiierte und gestaltete Lilo Groll mit anderen Institutionen zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen, wie zum Beispiel:
- „Welche Fibel im 1. Schuljahr? Von der Fibel zum Buch – Modelle für den Lese- und Schreiblehrgang“ mit ILF (1990)
- Mehrere Veranstaltungen zu Lese-Rechtschreibschwierigkeiten mit Arbeitskreis Grundschule und der Elterninitiative (interdisziplinäre Fachtagung)
- „Handlungsorientiert lernen“ mit ILF (1991)
- „Kinderfreundliche Einrichtung von Klassensälen und Schulgebäuden“, Referat in Luxemburg ( 1993)
- „Grundschule zwanzigzwanzig“ mit ILF und AKG (2010 und 2011)
Über Jahre hinaus schulte sie die Personalräte zunächst in den Schulbezirken, dann die Personalräte an den Schulen.
Auf ihre Initiative hin konnten mit der Unionsstiftung internationale Studienfahrten organisiert werden: Schulbesuche im „PISA- Sieger-Land“ Finnland und in New York sowie Kennenlernen der politischen und bildungspolitischen Situation in Belfast, Nordirland.
Darüber hinaus gehörte sie sowohl 1989 als auch 1990 zur Delegation des Kultusministeriums, die je eine Woche in Leicester englische Schulen mit ganz anderen Strukturen besuchte. Die dortigen Schulleiter und Schulleiterinnen lernten im Austausch das Schulsystem im Saarland kennen.
Lilo Groll veröffentlichte Berichte, Dokumentationen, Stellungnahmen und Anträge in der SLLV-Zeitschrift „Lehrer und Schule heute“, in „Forum E“, der Zeitschrift des Bundesverbandes VBE und in „Arbeitskreis aktuell“, der Bundeszeitschrift des Arbeitskreises Grundschule, Frankfurt.
Neben der Funktion der Stellvertretenden SLLV-Vorsitzenden nahm Lilo Groll im Laufe der Jahre weitere öffentliche Aufgaben wahr. So wurde sie berufen als:
- ehrenamtliche Richterin beim Fachsenat für Personalvertretungsangelegenheiten des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes
- ehrenamtliche Beamtenbeisitzerin der Disziplinarkammer beim Verwaltungsgericht des Saarlandes
- ehrenamtliche Richterin bei dem Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes
In den 38 Jahren ihrer aktiven Verbands- und Personalratsarbeit hatte sie mit acht Kultus- bzw. Bildungsministern und zwei Ministerinnen zu tun, die unterschiedlichen Parteien angehörten und unterschiedliche Schwerpunkte setzten:
Werner Scherer, Josef Jochem, Prof. Dr. Wolfgang Knies, Prof. Dr. Gerhard Zeitel (alle CDU), Prof. Dr. Diether Breitenbach, Marianne Granz, Henner Wittling (alle SPD), Jürgen Schreier, Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) und Klaus Kessler (Bündnis 90 / Die Grünen). Viele Gespräche, Anfragen und Stellungnahmen waren erforderlich, um die Vorstellungen von einer kindgerechten Schule darzulegen und den berechtigten gewerkschaftlichen Forderungen der Lehrerinnen und Lehrer Nachdruck zu verleihen. Lilo Groll ließ nicht locker, beharrte nachdrücklich auf Lösungen und handelte, wie man ihr bestätigte, unabhängig von der jeweiligen Parteizugehörigkeit.
In diesem Zusammenhang möchte ich die ehemalige Bildungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zitieren, die ihr zur Verabschiedung 2010 Folgendes schrieb:
„Ich möchte mich herzlich bedanken für die Zusammenarbeit in den letzten Jahren. Sie sind in Ihrer Funktion eine „Ikone der Interessenvertretung“, die immer mit vollem Einsatz, Herz und Verstand, aber fair für die Interessen der Ihnen anvertrauten Menschen gekämpft hat. Dabei haben Sie keine politischen Rücksichten genommen. Und das war und ist auch gut so. Darüber hinaus durfte ich Sie aber auch als begeisterte und begeisternde Pädagogin und Schulleiterin erleben, die für „ ihre“ Kinder, „ihre“ Eltern, „ihre“ Schule alles gegeben hat.“
Lilo Groll sammelte in vielen Bereichen enorme Erfahrungen, die sie leidenschaftlich an die Lehrerschaft weitergab und auch noch gibt.
Gerne waren Lehrerinnen und Lehrer bereit, in den von Lilo Groll jeweilig einberufenen Teams mitzuarbeiten, ohne die nach ihrer Meinung die zahlreichen Veranstaltungen nicht hätten realisiert werden können.
Der SLLV bedankt sich bei Lilo Groll für ein umfangreiches „Leben im SLLV“, für kompetente Arbeit in der Bildung-Politik und ihren unermüdlichen Einsatz für die Kolleginnen und Kollegen.
Bei der Verabschiedung wählte die SLLV-Vertreterversammlung 2010 Lilo Groll zum Ehrenmitglied.
Danke für 50 Jahre Mitgliedschaft!
Weiterhin alles Gute und viel Gesundheit für die Zukunft, liebe Lilo!
Mark Prediger, Vorsitzender Kreisverband Saarbrücken