LuSh – Ausgabe 09/2021 – Dies und Das – Kooperatives Selbstcoaching als Selbstwirksamkeits-training gegen Corona-Belastungen
Das Leben besteht zu 30 % aus dem, was dir passiert, und zu 70 % aus dem, wie du darauf reagierst!
Kooperatives Selbstcoaching als Selbstwirksamkeits-training gegen Corona-Belastungen
Corona zwingt Schüler*innen und Lehrpersonen, Ungewohntes zu leisten, was die individuelle und kollegiale Stressregulation aufs Äußerste strapaziert. Wenn das Leiden am Unmöglichen steigt, braucht es ein „Schnellladesystem“ für die Änderungszuversicht und Freude über das noch Mögliche. Denn Hilflosigkeitserfahrungen schwächen die Qualität von Interaktion, Kooperation und Unterricht. Sie belasten das zwischenmenschliche Klima und die individuelle Gefühlsbilanz.
Um die erforderliche Mehrleistung trotz eigener Zweifel erbringen zu können, brauchen Lehrpersonen und Schüler*innen einzeln und im Team mehr Selbstwirksamkeitserfahrungen.
Wie kann man die eigenen Bedenken überwinden und Zuversicht und Willenskraft stärken? Kann man mit zumutbaren Übungen als „Willensgymnastik“ die Kondition so verbessern, dass auch schwerere Aufgaben bewältigt werden?
Selbstcoaching ist die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und eigene Ziele gegen innere und äußere Widerstände zu realisieren. Das heißt für alle Beteiligten: Machen wir’s wie immer (Routinen und Pflichtaufgaben) und machen wir’s punktuell mal anders: Verfolgen wir ein Tagesziel, das Selbstwirksamkeitserfahrungen stärkt. Selbstcoaches stellen nicht nur die Frage: „Was müssen wir heute tun?“, sondern zusätzlich: „Was wollen wir heute wagen?“ Idealerweise reflektieren Tandems und kleine Teams ihre täglichen Selbstherausforderungen gemeinsam, um sich gegenseitig zu stärken.
Dabei gilt es, Übungen zu wählen, die interessant, machbar und lohnend erscheinen, Methoden zu nutzen, die neues Denken, Fühlen und Handeln ermöglichen, Prozesse, Ergebnisse und Folgen zu evaluieren und die Rückschau in kollektive Hoffnung für künftige Herausforderungen umzumünzen. Sieland (2020) beschreibt die Methoden und Aufgaben zum kooperativen Selbstcoaching aus verschiedenen Bereichen, die Lehrpersonen und Schüler*innen ermutigen und stärken können.
Hier exemplarisch eine „Übung des Tages“, um die Selbst- und Fremdwertschätzung sowie die Freude über das Mögliche gegen Corona-Belastungen zu stärken:
- Suche eine positive Leistung und deren gute Folgen pro Tag. Freue dich über das Mögliche = (Selbst-)Lob.
- Durch welches Verhalten wurde das möglich? = (Selbst-)Wertschätzung von zielführendem Verhalten.
- Nenne eine Persönlichkeits- oder Teameigenschaft, die den Erfolg möglich machte. War diese Eigenschaft schon in anderen Situationen hilfreich? In welchen wird sie es zukünftig sein? = (Selbst-)Wertschätzung von Fähigkeiten.
Wenn Schüler*innen und Lehrkräfte sich selbst und eine weitere Person einmal pro Tag auf diese Weise wertschätzen, könnte sich etwas spürbar bewegen in der einzelnen Person und zwischen den Interaktionspartner*innen, trotz Corona. Schüler*innen müssen oft bei schlechten Noten aufgefordert werden, sich gegen ihre Vorerfahrungen noch einmal anzustrengen. Das können Lehrkräfte nur authentisch, wenn sie an diesem Tag selbst gegen ihre Vorerfahrungen noch einen Versuch gewagt haben. Trainierende Lehrpersonen, die ihr Selbstcoaching mit Schüler*innen reflektieren, sind der zündende Funke für kooperatives Selbstcoaching der Schüler*innen.
Wenn Sie dieser Ansatz interessiert, finden Sie unter folgendem Link ergänzendes Material und Hinweise zu kostenlosen Online-Seminaren über jeweils drei Stunden, mit Empfehlungen und Übungen zum kooperativen Selbstcoaching für Schüler*innen und Lehrpersonen: https://padlet.com/sieland2/vi5jfo9ya7ckhmg4
Bernhard Sieland
Eine Leseprobe und Videos finden Sie unter https://www.lg-print.org/hast-du-heute-schon-gelebt.html