LuSh – Ausgabe 07-08/2021 – VBE-Bund – Mit Medienbildung Mediensucht entgegenwirken
Mit Medienbildung Mediensucht entgegenwirken
Für den Kinderreport 2021 hat das Deutsche Kinderhilfswerk 669 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 17 Jahren sowie 1.023 Erwachsene zu ihren Einschätzungen, Erfahrungen und Maßnahmen im Umgang mit Mediensucht und exzessiver Mediennutzung befragt. Vor dem Hintergrund sich ausdifferenzierender Angebote im Internet und im digitalen Raum, des Wegfalls einer Vielzahl analoger Alternativen während der Corona-Pandemie und damit einhergehend weiter steigender Mediennutzungszeiten zielt er darauf ab, einen kinderrechtlich ausgewogenen Zugang zum Thema zu beschreiben. Dieser Beitrag stellt ausgewählte Ergebnisse und politische Schlussfolgerungen des Kinderreports vor.
Für die Mehrheit der Kinder (88 Prozent) stellt der Kontrollverlust ein Merkmal der Mediensucht dar. Erfüllt sehen sie diesen, wenn jemand seine Mediennutzung nicht beenden kann, obwohl die Person es gerne möchte. Auch Vernachlässigungen von Lebensbereichen oder des sozialen Umfelds sind für 86 bzw. 83 Prozent Anzeichen für eine Mediensucht. Eine deutliche Mehrheit sieht auch negative Gefühle bei ausbleibender Nutzung und wiederholte Konflikte als Anhaltspunkte.
Dass Mediensucht kein Randphänomen ist, zeigt sich daran, dass 12 Prozent der Kinder und Jugendlichen angeben, bei sich selbst Erfahrungen damit gemacht zu haben. Einige haben mediensüchtiges Verhalten in ihrem Umfeld beobachtet. Nur die Hälfte hatte bisher keinerlei Berührungspunkte mit Mediensucht.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass große Mehrheiten sich dafür aussprechen, Maßnahmen gegen Mediensucht zu ergreifen. Besonders sinnvoll finden es Kinder und Jugendliche, das Thema Mediensucht an Schulen zu behandeln
(90 Prozent), bei den Erwachsenen stimmen dem sogar 95 Prozent zu. Große Zustimmung gibt es auch für verstärkte Informationen für Eltern, für kostenfreie Beratungsangebote sowie für Altersgrenzen und Zeitbegrenzungen für süchtig machende Medien. Medien- und Geräteverbote finden weder bei Kindern und Jugendlichen noch bei Erwachsenen Mehrheiten.
Im Ergebnis der Untersuchung wird sich das Deutsche Kinderhilfswerk dafür einsetzen, dass Medienbildung in der frühkindlichen Bildung und in Schulen etabliert wird. Es geht darum, Kindern und Jugendlichen einen handlungsorientierten und kritischen Blick auf Medien sowie den digitalen Raum zu ermöglichen und ihnen didaktisch sinnvolle digitale Werkzeuge näherzubringen. Dafür braucht es eine Verankerung in Curricula und Bildungsplänen, eine Qualifizierung des Personals in Ausbildung sowie berufsbegleitend und eine nachhaltig finanzierte Ausstattung. Zusätzlich wird ein flächendeckendes Netz an Einrichtungen benötigt, die Informationen, präventive Beratung, Hilfe und ggf. eine Therapie anbieten können. Gerade für die Identifikation und Prävention von Risikogruppen scheint die Kooperation von und mit Fachkräften in pädagogischen Einrichtungen, der Sozialarbeit, der Medizin sowie der Medienforschung von Bedeutung. Aktionstage, Elternabende oder Versammlungen der Kollegien bieten sich an, um die notwendige Vernetzung der Fachkräfte, die Bekanntheit der Angebote sowie das eigene Wissen über Mediensucht zu steigern und den gemeinsamen Austausch zu befördern. Außerdem sind die Medienanbieter in die Pflicht zu nehmen, auf Risiken hinzuweisen, suchtfördernde Mechanismen zu vermeiden oder technische (Selbst-)Schutzlösungen anzubieten. Daran sollten Kinder und Jugendliche beteiligt werden.
Weiterführende Informationen:
Den vollständigen Kinderreport, einen Überblick zu den Ergebnissen sowie eine Zusammenfassung des Kinderreports 2021 gibt es unter https://www.dkhw.de/kinderreport2021
Informationen und Kontakt zu Autor*innen:
Cornelia Jonas hat Kinder- und Jugendmedien studiert und arbeitet als Referentin für Medienbildung in der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerk e. V., dort ist auch Torsten Krause als Politik- und Kinderrechtswissenschaftler für den Bereich Medienpolitik zuständig.
E-Mail: krause@dkhw.de und jonas@dkhw.de
Telefon: +49 (0)30 308693-51/ -67
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