LuSh – Ausgabe 06/2021 – Dies und Das – Fünf Gründe, warum die Digitalisierung mehr pädagogische Freiheit bringt
Fünf Gründe, warum die Digitalisierung mehr pädagogische Freiheit bringt
Es gibt immer noch viele Vorbehalte, ob die Digitalisierung der Pädagogik nützt. Für Quint Gembus ist die Antwort klar. Die Digitalisierung ist genau das, was die Schulen brauchen, um Kinder und Jugendliche auf das Leben vorzubereiten, sagt Gembus, der stellvertretender Vorsitzender des VBE Niedersachsen und Schulleiter an der Oberschule Braunlage im Harz ist.
1. Vorbehalt: Wirksamer Unterricht bedarf der Beziehung
Gemeinsames Lernen mit anderen Kindern und Jugendlichen vor Ort ist durch nichts zu ersetzen. Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler, welche Werte und Normen für die Gesellschaft wichtig sind. So verhindern Schulen Radikalisierung und betreiben demokratische Grundbildung. Das schließt digitale Medien aber nicht aus.
Digitalisierung heißt eben nicht, dass man die Kinder allein vor dem Bildschirm parkt. Im Gegenteil, mediengestützter Unterricht bietet viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Insbesondere die gemeinsame Bearbeitung von geteilten Dokumenten bietet ganz neue Arbeitsformen und ermöglicht multimediale Inhalte. Digitale Medien müssen auch nicht dazu führen, dass man weniger nach draußen geht. Erforsche ich etwa einen Wald, habe ich per digitale Medien vielschichtige Möglichkeiten der Dokumentation. Hinzu kommt der Vorteil, dass Videos und Lernprogramme, mit denen Schülerinnen und Schüler Basiswissen lernen, der Lehrkraft Freiraum verschaffen, um an echter individueller Förderung für diejenigen zu arbeiten, die es nötig haben.
2. Die Kinder hängen doch nur noch vor
TikTok
Viele werden es schon gemerkt haben: Das Internet nicht nutzen und davor warnen funktioniert einfach nicht. Digitale Medien sind nämlich an sich weder gut noch schlecht. Oh ja, das Internet birgt viele Gefahren, das ist aber auch in der echten Welt der Fall. Wir ermutigen unsere Schülerinnen und Schüler aber trotzdem, hinauszugehen. Unsere Aufgabe ist es, sie in die Lage zu versetzen, damit umzugehen.
3. Der Lehrplan lässt keinen Platz für
digitale Medien
Kompetenzentwicklung ist heute das Gebot der Stunde. Traditionell wählt der Lehrer per Lehrwerk die Inhalte aus, per digitale Medien können die Schüler die Inhalte selbst recherchieren und dabei Kompetenzen entwickeln. Keine andere Methode ist so gut geeignet, diese neu gesteckten Ziele zu erreichen, wie die Arbeit mit digitalen Medien.
Darüber hinaus bieten digitale Medien Lehrkräften die Chance, Schülerinnen und Schüler auf verschiedene Art und Weise zu erreichen. Das ist wichtig, denn jedes Kind lernt auf unterschiedliche Weise. Einige müssen lesen, andere setzen lieber selbst um, andere hören am liebsten.
4. Die sozialen Gräben werden durch die Digitalisierung verschärft
Es ist wahr. Es gibt Elternhäuser, in denen Kinder durch Medien völlig überfrachtet werden, wenig gesteuert durch Eltern. Können sie dadurch mit digitalen Medien besser umgehen? Nein, im Gegenteil. Die Arbeit mit digitalen Medien in der Schule ist die einzige Chance, das wieder aufzuholen, was in diesen Familien auf der Strecke geblieben ist und was andere Kinder schon können. Schule muss es sich zur Aufgabe machen, dass alle Kinder gleiche Zugänge zur digitalen Welt haben und Medienkompetenz erwerben.
5. Unsere Daten sind nicht sicher
Mit der Datensicherheit verhält es sich so ähnlich wie mit der Sicherheit im realen Leben. Wir müssen unser Haus schützen, deshalb bauen wir einen Zaun und schließen Türen ab. Wir hören aber nicht auf, Häuser zu bauen oder Türen zu planen. Im Internet machen wir es manchmal so, dass wir unsere Türen sprichwörtlich zumauern.
Übertragen auf digitale Medien heißt das, unsere Türen für die richtigen Dinge zu öffnen und zu schließen. Welche Daten sind schützenswert und vor wem? Persönliche Daten und leistungsbezogene Daten stehen ohne Frage oben auf der Liste. Aber diese Daten braucht man für den Bereich des Unterrichts meist gar nicht.
Wenn ich mein Unterrichtsquiz über amerikanische Server laufen lasse, wird das den Geheimdienst sicher wenig interessieren. Das birgt also kein Risiko. Müssen sich die Schüler anmelden, würde es ausreichen, ihnen Dienst-E-Mail-Adressen bereitzustellen, um ihre persönlichen Daten zu schützen.
Nina Braun
Redaktionsleitung bei der Wilke-Mediengruppe