LuSh – Ausgabe 02/2021 – Vorwort – Ein Armutszeugnis – doppelt gefaltet auf Standardbriefformat
Ein Armutszeugnis – doppelt gefaltet auf Standardbriefformat
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
häufig schon haben wir uns während der Pandemie zumindest gewundert, oft auch geärgert über Entscheidungen des Bildungsministeriums. Manches konnte man unter der Kategorie Notwendigkeit abhaken und man hat es schweren Herzens geschluckt. Schlechte Kommunikation mit denjenigen, die Maßnahmen umsetzen sollen, jedoch eine prompte Information an die Presse haben das Vertrauen der Lehrerinnen und Lehrer in ihren Dienstherrn nachhaltig beschädigt. Es gehört mittlerweile zu einer guten Unterrichtsvorbereitung, sich in der Tagespresse und den sozialen Netzwerken auf den neuesten Stand zu bringen. Kein guter Stil!
Schwarze, aus China stammende, nach Chemie stinkende Masken ohne CE-Zeichen, die für die Schülerinnen und Schüler zur Verfügung gestellt wurden, hinter denen ein Kindergesicht vollends verschwindet und deren gesundheitliche Eignung man stark anzweifeln muss, lassen aber zum Beispiel doch die Frage aufkommen: Was sind dem Saarland Schülerinnen und Lehrkräfte wert?
Diese Frage stellt sich nun erneut, nachdem über Schulnetz das Prozedere der Zeugnisvergabe in diesem Jahr informiert wurde. Ein Aufschrei ging – zu Recht – durch die Lehrerschaft. Dass zu Pandemiezeiten von einem persönlichen Überreichen Abstand genommen wird, ist nachvollziehbar, auch wenn sich Schulen schon im Vorfeld darüber Gedanken gemacht haben, wie sie eine möglichst kontaktarme Lösung hinbekommen.
Die Originalzeugnisse sollen aber auf Standardbrief gefaltet und per Post verschickt werden. Zeugnisse sind Dokumente, es gehört zu unserem pädagogischen Anspruch, dass wir unseren Schülerinnen und Schülern deren Wert und Gewichtung erklären, und so mancher hat doch schon, wenn ein Zeugnis nach Unterschreiben geknickt in die Schule zurückkam, diese ermahnt und auf die Wichtigkeit dieses Dokumentes des Leistungsnachweises hingewiesen.
Den Unmut über dieses fragwürdige vorgeschriebene Knicken und auch die von den Schulen vorgeschlagenen alternativen Formen des Zustellens habe ich der zuständigen Abteilung in aller Deutlichkeit mitgeteilt.
Umgangssprachlich stelle ich fest: „Diese Entscheidung des Ministeriums kannste knicken!“
Treffender als die Worte einer Schulleiterin, die uns erreichten, kann man es nicht ausdrücken: „Man sollte dem Ministerium ein Armutszeugnis ausstellen und zweifach gefaltet überreichen!“
Auf die Reaktion der Eltern bin ich gespannt!
Ich wünsche Ihnen ein paar erholsame Ferientage und grüße Sie, ebenfalls etwas geknickt.
Ihre
Lisa Brausch,
Landesvorsitzende